4.0 AVERAGE

isabella_reads's review

4.0

Worum geht’s?

Jasper Gwyn hat genug vom Literaturzirkus: Der berühmte Schriftsteller stellt eine Liste mit Dingen auf, die er nie wieder tun will – unter anderem „Bücher schreiben“. Doch schon nach kurzer Zeit merkt er, dass ihm das tägliche Schreiben fehlt. Da inspiriert ihn eine Ausstellung zu einem gewagten literarischen Experiment. Mr. Gwyn will als Kopist arbeiten und Portraits anfertigen, allerdings nicht als Gemälde, sondern in geschriebener Form. Er mietet ein Atelier an, in dem ihm fortan Menschen auf außergewöhnliche Weise Modell sitzen. Die geschriebenen Portraits bewegen ihre Empfänger zutiefst – doch dann widersetzt sich eine eigensinnige junge Frau vehement Mr. Gwyns Regeln.

Meine Meinung

Ich habe hauptsächlich auf Blogs viel Positives über diesen Roman gelesen und mich daher beim Stöbern in der Bücherei spontan für ihn entschieden. Tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht, diese außergewöhnliche Geschichte konnte mich von Beginn an fesseln. Besonders gut gefallen hat mir, dass man ein fiktives Buch, das in „Mr Gwyn“ eine Rolle spielt, am Ende auch tatsächlich lesen kann. In Italien, Bariccos Heimatland, wurde „Dreimal im Morgengrauen“ sogar separat veröffentlicht. Baricco schreibt nicht nur über einen genialen Schriftsteller, er hat auch selbst einen fantastischen Schreibstil. Wirklich beeindruckend fand ich, wie er auf eine ganz besondere, sehr poetische Art und Weise Charaktere beschreibt.

Vor allem die interessante Grundidee hat mein Interesse an diesem Buch geweckt. Ist es möglich, Portraits zu schreiben statt sie zu malen? Die Antwort lautet: Ja, das ist es, jedoch gehört viel Kunstfertigkeit und Menschenkenntnis dazu. Rebecca, Gwyns Assistentin und erstes Modell, erklärt gegen Ende des Romans, wie der berühmte Autor vorgeht. Ich werde die Methode an dieser Stelle aber natürlich nicht verraten, das darf jeder selbst nachlesen. Insgesamt fand ich das Ende von „Mr. Gwyn“ dann leider etwas enttäuschend, ich hatte nämlich das Gefühl, dass die Geschichte noch gar nicht wirklich zu Ende erzählt ist. Außerdem hätte ich gern erfahren, wie es mit dem mysteriösen Mädchen weitergeht, das sich Gwyns Regeln entzieht.

Die faszinierendste und vielschichtigste Figur ist natürlich Schriftsteller Jasper Gwyn. Wie die meisten großen Künstler wandelt er ständig auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Dadurch, dass er den ganzen Roman über mit Vor- und Nachnamen angesprochen wird, bleibt immer eine gewisse Distanz, aber ich hatte nie Probleme, seine Entscheidungen nachzuvollziehen. Ich fand es wirklich faszinierend, einen Einblick in die Gedankenwelt eines Künstlers zu bekommen. Baricco schreibt über Freuden und Leiden des literarischen Schaffens, wie es wohl nur ein Schriftsteller selbst kann.

Fazit

Ein unkonventioneller und faszinierender Roman über ein literarisches Experiment. Trotz kleiner Schwächen konnte Baricco mich begeistern, vor allem dank seines wunderbaren Schreibstils und des schillernden Protagonisten.

khveronika's review

5.0

I read the German translation of "Mr. Gwyn" by Annette Kopetzki & I've got to say that after this first book as an intro to the author, I'm very curious about discovering other novels by Alessandro Baricco!

I got through "Mr. Gwyn" in almost just a single day, one reason being that I was stuck at home sick but more importantly because the story drew me in completely & I didn't want to stop reading it. For the "plot lovers" among you readers, the ones who enjoy roller-coaster-ride-like twists & turns, as a warning straight ahead, you're probably not going to enjoy it. This book is much more about the characters, the subtleties, the style & the beauty of writing. The author manages to hook you with all that & even though you know there probably isn't any groundbreaking ending in sight that you would be curious to finally have revealed, you still don't want to put it down (which is one of my "must have qualities" in order to rate a book with 4 or 5 out of 5 stars). It pulls you in & captivates you in its world, the short chapters forming a contrast to the slow & dreamy events taking their flow. I found myself transported directly into the story while reading it, enveloped into a hazy dream-like state. It reminded me of the setting & the absurdities of some of Woody Allen's movies, the way the characters were portrayed & the way the story-line rolled out.

Besides that, one of my favourite things about the book was surely the language. I bet it must be even more beautiful in its original Italian since even in German, the translator managed to make it sound absolutely magical. I found myself re-reading phrases because I was so drawn into the visual comparisons of mundane actions or views. Here are some examples to illustrate Alessandro Baricco's style of writing (the quotes are in German, since I had that version of the book):

- comparing the feeling of relief to the sensation of when the humming sound of a refrigerator suddenly stops & envelops the whole room in quietness, not knowing what to do with this sudden silence
"Dann werde ich die gleiche Erleichterung verspüren, wenn in einem Raum der Motor des Kühlschranks ausgeht, aber auch das gleiche unvermeidliche Erschrecken und das Gefühl, das Sie sicher kennen, nicht genau zu wissen, was man mit dieser plötzlichen Stille anfangen soll (...)." (p. 25)

- stacking up thoughts in your head, as if in the shape of freshly ironed sheets
"John (...) machte sich keine Notizen, doch er schien alle Informationen in einem Winkel seines Geistes zu stapeln wie frisch gebügelte Laken." (p. 55)

- the way the smells, the accumulating dust & dirt transformed a studio into something similar to a completely still animal in its winter sleep
"Die Gerüche im Atelier, der Staub, der sich auf jeden Gegenstand legte, der Schmutz, dem niemand Widerstand entgegensetzte - all das vermittelte den Eindruck eines langsam atmenden Tiers im Winterschlaf, das für den Rest der Welt gestorben war." (p. 105)

- another animalistic comparison, how the first insecure steps outdoors feel like the ones of a newly born animal
"Wie jeden Abend waren ihre ersten Schritte auf der Straße unsicher wie die eines neugeborenen Tieres." (p. 108)

- how blue ink captures the horror of a hospital name on paper, reminding you of the fleeting magic of life
"Während er zuschaute, wie die blaue Tinte den Horror eines Krankenhausnamens und die trockene Prosa einer Adresse auf dem Papier festhielt, wurde er daran erinnert, wie unsagbar flüchtig jeder Zauber ist und wie schnell das Leben in seiner räuberischen Gier." (p. 160)

- how things that we live with get painted with a certain color that represents our feelings & how they fade into memories under the setting sun
"Sie dachte daran, dass man auf Dinge, mit denen man lebt, jedes Mal, einem feinen Anstrich gleich, die Farbe bestimmter Gefühle hinterlässt, die unter der Sonne zu Erinnerungen verblassten." (p. 315)

The author's attention to detail, the exquisite language & a little touch of absurdity made this an exceptionally entertaining & quick to get through read. I would suggest it to those who are looking for a linguistically well written novel in between their ambitious fiction reads.

quasichiara's review

4.0
challenging inspiring medium-paced
Strong character development: Yes
Loveable characters: Complicated
Diverse cast of characters: No
Flaws of characters a main focus: Yes

sadjah's review

4.25
adventurous inspiring lighthearted relaxing fast-paced
Strong character development: Yes
Loveable characters: Yes
Diverse cast of characters: Yes
Flaws of characters a main focus: Yes
anesh's profile picture

anesh's review

5.0

Cred ca orice om intampina momente in viata cand nu mai e sigur pe ceea ce face si ii este greu sa continue pe acelasi drum. Cu atat mai greu trebuie sa fie pentru un scriitor al carui menire ii da si viata dar il si secatuie de ea. Ce ramane de facut? Jasper Gwyn decide sa nu mai scrie romane si sa devina doar o alta fata in multime, in incercarea de a redescoperi viata asa cum e ea si nu doar prin intermediul personajelor sale, carora le-a insuflat o viata proprie. Usor de zis dar mai greu de facut cand cititorii sai nu vor sa il uite, agentul sau nu vrea sa il lase sa renunte iar scrisul este singurul lucru care il mentine sanatos. Insa Domnul Gwyn este sigur in alegerea sa si printr-o intamplare a sortii gaseste raspunsul dilemei sale. Va scrie, insa nu pentru publicul mare, ci pentru doritori (cu buzunarul plin) de portrete literare.
Alessandro Barrico stie sa umple misterul personajului cu muzicalitate si o coloristica calda, creand intimitatea potrivita pentru ca cititorul sa patrunda in paginile cartii si sa-si creeze propriul univers al cartii.
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diegolau's review

5.0

Baricco es un mago, no hay forma más bonita de narrar que la suya. Siento deseo de comenzar a escribir motivado por la unión perfecta de sus palabras que generan sentimientos tan especiales.