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A review by bookhouseboi
Der Vorleser by Bernhard Schlink
dark
reflective
medium-paced
- Plot- or character-driven? Character
- Loveable characters? No
- Diverse cast of characters? No
- Flaws of characters a main focus? Yes
3.0
"Nicht daß ich Hanna vergessen hätte. Aber irgendwann hörte die Erinnerung an sie auf, mich zu begleiten. Sie blieb zurück, wie eine Stadt zurückbleibt, wenn der Zug weiterfährt. Sie ist da, irgendwo hinter einem, und man könnte hinfahren und sich ihrer versichern. Aber warum sollte man." (83)
Als ausgebildeter Germanist ist es mir etwas peinlich zuzugeben, dass Schlinks Roman für mich bisher nie mehr war, als dieses eine Buch, dessen Exemplare man zu hundertsten in jeder Buchhandlungskette hinterhergeworfen bekommt. Also machte ich mich auf, nachdem der Schlink-Wahn nun auch meinen lokalen Bücherschrank infiziert hatte, diese Bildungslücke nun endlich zu schließen. Ein Unterfangen, das ich wohl auch gut hätte lassen können. Der Vorleser illustriert die deutsche Schuldfrage im Umgang mit der NS-Zeit durch eine skandalöse sexuelle Beziehung (von Liebe kann ich hier schwer sprechen, auch wenn der Text etwas anderes suggerieren will) eines fünfzehnjährigen Schülers zu einer ehemaligen SS Aufseherin, deren Vergangenheit in einem Gerichtsprozess offenbart wird. Dabei passiert erstaunlich wenig und das oben herausgestellte Zitat - das ich mir noch als literarisches Highlight des Romans markiert hatte, bevor der Vergangenheitsbezug des Textes offenbart wird - kann man als Leitbild für den deutschen Umgang sehen. Wenn dann mal zurückgeblickt wird, dann in einer leicht romantisch verklärten Weise, Besuche von Konzentrationslagern stellen die Frage, wie man sich nach so einem Besuch denn überhaupt fühlen soll. Ich erwarte von einer literarischen Bearbeitung dieses hochkomplexen Themas keine rein moralische Verurteilung. Ich erwarte auch nicht, dass sich das Medium Literatur der unmöglichen Aufgabe einer objektiven Vergangenheitsbewältigung annimmt. Aber, und hier spreche ich womöglich vor allem als Sebaldianer, ein bisschen mehr sprachliches Geschick, ein bisschen mehr Tiefe und besser durchdachte Allegorien dürfen es schon sein.
Als ausgebildeter Germanist ist es mir etwas peinlich zuzugeben, dass Schlinks Roman für mich bisher nie mehr war, als dieses eine Buch, dessen Exemplare man zu hundertsten in jeder Buchhandlungskette hinterhergeworfen bekommt. Also machte ich mich auf, nachdem der Schlink-Wahn nun auch meinen lokalen Bücherschrank infiziert hatte, diese Bildungslücke nun endlich zu schließen. Ein Unterfangen, das ich wohl auch gut hätte lassen können. Der Vorleser illustriert die deutsche Schuldfrage im Umgang mit der NS-Zeit durch eine skandalöse sexuelle Beziehung (von Liebe kann ich hier schwer sprechen, auch wenn der Text etwas anderes suggerieren will) eines fünfzehnjährigen Schülers zu einer ehemaligen SS Aufseherin, deren Vergangenheit in einem Gerichtsprozess offenbart wird. Dabei passiert erstaunlich wenig und das oben herausgestellte Zitat - das ich mir noch als literarisches Highlight des Romans markiert hatte, bevor der Vergangenheitsbezug des Textes offenbart wird - kann man als Leitbild für den deutschen Umgang sehen. Wenn dann mal zurückgeblickt wird, dann in einer leicht romantisch verklärten Weise, Besuche von Konzentrationslagern stellen die Frage, wie man sich nach so einem Besuch denn überhaupt fühlen soll. Ich erwarte von einer literarischen Bearbeitung dieses hochkomplexen Themas keine rein moralische Verurteilung. Ich erwarte auch nicht, dass sich das Medium Literatur der unmöglichen Aufgabe einer objektiven Vergangenheitsbewältigung annimmt. Aber, und hier spreche ich womöglich vor allem als Sebaldianer, ein bisschen mehr sprachliches Geschick, ein bisschen mehr Tiefe und besser durchdachte Allegorien dürfen es schon sein.