A review by muyelinh
111 Gründe, den VfL Osnabrück zu lieben. Eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt by Kalla Wefel

informative relaxing fast-paced

1.5

Wollten Sie schon immer mal Erörterungen irgendwelcher ihnen unbekannter Menschen über Theaterbesuche, den Lebensstil von Jägern und Sammlern oder die Finanzexzesse des FC Bayern München lesen? Dann ist dieses Buch ein guter Griff. Denn die beiden Autoren dieses Werkes beginnen jeden einzelnen Absatz viel zu abstrakt, schwafeln über die unnötigsten Dinge herum, um dann kurz vor knapp doch noch irgendwie den halbherzigen Schlenker zum VfL Osnabrück zu wagen. Oft ist diese Vorgehensweise so eklatant, dass es den Verfassern sogar selber auffällt: "Muss dieser gesamte Sermon in einem Buch stehen, in dem Gründe aufgezählt werden, warum es sich lohnt, ein Fan des VfL Osnabrück zu sein?" (S. 263). NEIN, eigentlich nicht.
Dass es dennoch so ist, ist ziemlich bedauerlich, da eigentlich genug Referenzwerke vorlagen, um zu schauen, wie man es besser macht. Die Version des 1. FC Nürnberg schafft es jedenfalls, ohne viel Schnickschnack und stattdessen mit bemerkenswerter Selbstironie auch bei mir, der kein leidenschaftlicher Fan, sondern lediglich leichter Sympathisant der Clubberer ist und jenes Buch nur aufgrund eines Missverständnisses besitzt, zu punkten.

Hätte ich den VfL nicht schon zuvor als meinen zweiten Herzensverein auserkoren, dieses Buch hätte mich definitiv keinen Schritt weiter dorthin gebracht. Denn neben dem eingangs erwähnten Dilemma, welches sich durch das ganze Buch zieht, sind manche Kapitel auch einfach nicht nur überflüssig, sondern richtig unangenehm. Gerade Peter von Koss tischt einige selbsterlebte Geschichten auf, in denen er unter anderem als Trotzreaktion im Stadion einen unbescholtenen Fan vollraucht oder Bananen in die Osnabrücker Umwelt schmeißt, die für mich als Unbeteiligten fehl am Platz sind und eher ein Grund, von einem Verein der solche Kerle als Fans hat, Abstand zu nehmen.
Ein womöglich interessanter Beitrag über zwei Wettbetrüger wird praktisch einfach ausgelassen, nämlich mit fünf Zeilen nichtssagend geheimnistuerisch abgegolten.
Und die Gründe 88-91 sind lediglich die Liedtexte von vier verschiedenen Versionen der Hymne. Dass es den Autoren, wie im Vorwort erwähnt, erstaunlich leicht gefallen sein soll, die 111 Gründe zusammenzusuchen, stelle ich unter diesen Umständen einfach mal infrage.

Natürlich sind auch einige Kapitel informativ, bisweilen sogar ganz nett, insbesondere unter der Rubrik "voll daneben", wobei ich finde, dass diese Begebenheiten noch weitaus humorvoller hätten erzählt werden können. Außerdem ist ausgiebiger Red Bull-Slander vorhanden.

Nichtsdestotrotz ist es ein Armutszeugnis, dass es im Jahr 2023 keine wenigstens halbwegs aktuelle Vereinschronik gibt. Dass dieses Fanbuch die Lücke nicht schließen kann, war mir klar, aber ein bisschen mehr VfL pur hätte der Sache sehr gut getan. So ist das Ergebnis eine arg wässrige Suppe ohne Zielgruppe.