A review by ti_leo
Die neun Prinzen von Amber by Roger Zelazny

3.0

Irgendwie ein typischer Vertreter der Zeit. 70er Jahre, grob. Eine Phase, aus der ich nicht wirklich viel Fantasy gelesen hab, aber Amber hat für mich denselben Vibe wie Thomas Covenant (Stephen Donaldson) oder auch (mit Einschränkungen) Elric von Moorcock. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber obwohl alle diese Reihen sicher High Fantasy sind, wirken sie zugleich doch sehr bodenständig.

Ein Grund sind sicher die Protagonisten. Nicht dass ich was gegen Antihelden hätte, aber die Protagonisten der angesprochenen Werke sind eigentlich oft genug pure Arschlöcher, die nicht durch irgendwelche hehren Motive angetrieben werden. Typ schäbiger PI, der nur in einer noch schäbigeren Umgebung zur Identifikation des Lesers taugt. Dadurch handeln sie manchmal sehr überraschend und gleichzeitig nachvollziehbar, was ich in der richtigen Laune sehr reizvoll finde. Sie sind keine strahlenden Helden, aber auch nicht als Antihelden angelegt. Sie vertreten Ansichten normaler Menschen aus den 70ern und reden oft genug auch so. Wenn sie nicht grad antiquiert reden. In Amber zumindest. Donaldson schreibt deutlich gehobener als Zelazny, dessen Stil eher Pulp-Literatur entspricht, wobei die Grenzen da fließend waren, wenn man an so Sachen wie Gor von Norman oder manches von Philip José Farmer denkt. Fantasy hatte damals offenbar wenig Berührungsängste mit richtigem Trash, eher war das Gegenteil der Fall.

Die Fantasy in Amber ist abgefahren, das World Building ziemlich gut, aber es gibt kaum Beschreibungen. Riesige Schlachten mit Zehntausenden Toten werden gänzlich unepisch und matter of fact beschrieben. Der Leser wird anfangs ins kalte Wasser geworfen und erschließt sich die Welt gleichzeitig mit dem Protagonisten. Schlau, und gut umgesetzt.

Das Buch bietet mindestens einen richtig unerwarteten Twist. Außerdem ist es sehr kurz. Problemlos in einer Sitzung lesbar. Was angesichts des High-Concepts etwas schade ist. Es endet sehr abrupt und man will direkt den zweiten Band zur Hand nehmen.

Gut, auch wenn es nicht zu meinen Favoriten gehören wird. Trotzdem bin ich sicher, zumindest die Corwin-Story komplett lesen zu wollen (bis Band 5). Ob ich danach auch noch die anderen 5 Bücher lese, ist allerdings unklar. Der Reiz derartiger Fantasy Noir nutzt sich bei mir immer relativ schnell wieder ab. So hab ich auch Covenant nie komplett gelesen, weil es mich irgendwann dann doch wieder nach Fantasy verlangte, die entweder mehr Substanz oder mehr Wohlfühl bietet.