A review by imaginary_space
Das Café ohne Namen by Robert Seethaler

hopeful reflective sad slow-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? Yes
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? No

3.0

Ein unaufgeregtes Buch, das uns kleine Einblicke in das Leben mehrerer fiktiver Charaktere im Wien der 50er Jahre beschert. Wie im echten Leben sind sie mal hoffnungsvoll, mal traurig, mal erfolgreich, mal tragisch. Der ruhige Schreibstil hilft dabei, den Inhalt in den Fokus zu setzen und erinnerte mich mit seiner Sachlichkeit an "Der Alte Mann und das Meer". eines meiner Lieblingsbücher.

All das mochte ich an "Das Café ohne Namen".

Warum es für mich dennoch am Ende eher ein durchschnittliches Leseerlebnis war:

  1. Die Charaktere haben mich emotional nur selten mitgenommen, so richtig konnte ich keine Beziehung zu ihnen aufbauen. Auch, weil sich ihre "Stimmen" in ihren jeweiligen Kapiteln nicht wirklich voneinander unterscheiden. 
  2. Die Gedankenwelt der weiblichen Charaktere ist sehr eingeschränkt, obwohl eine Frau einer der Hauptcharaktere ist. Frauen denken nach über: Männer, Aussehen, andere Frauen, Geld, manchmal Arbeit. Männer denken über all das nach und außerdem: den Verlauf der Geschichte, Politik, Architektur undundund. Leider erhält der erwähnte weibliche Hauptcharakter dann auch keine Kapitel mehr aus ihrer eigenen Sicht, sobald sie verheiratet ist, und wir erleben ihre Geschichte nur noch durch die Augen ihres Ehemannes.

Ich finde, das geht in 2023 besser. Vor allem, weil ich die vorhandenen weiblichen Charaktere im Ansatz sehr gut dargestellt fand und gerade mit den Charakteren Mila und Martha hat Robert Seethaler bewiesen, dass er Frauen als komplexe Menschen schreiben kann. Nur hat er leider irgendwann in der Mitte des Buches damit aufgehört.

Ich hörte die Hörbuch-Produktion, gelesen von Matthias Brandt, und fand sie sehr gut produziert. Brandts Sprechweise unterstützt die Unaufgeregtheit des Textes und er lässt keinen der Charaktere zu einer Parodie verkommen.

Vielen Dank an den Ullstein/Claasen Verlag, Hörbuch Hamburg und Netgalley für das kostenlose Rezensionsexemplar.

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