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jingilein 's review for:

Ava liebt noch by Vera Zischke
4.5
emotional hopeful inspiring reflective medium-paced
Plot or Character Driven: Character
Strong character development: Yes
Loveable characters: Yes
Diverse cast of characters: No
Flaws of characters a main focus: Yes

Zusammenfassung:

Ava ist 43, Mutter, Ehefrau – und irgendwo auf dem Weg hat sie sich selbst verloren. Wir begleiten sie durch ihren Alltag, der auf den ersten Blick so gewöhnlich erscheint, in Wahrheit jedoch voller innerer Kämpfe steckt. Zwischen Muttersein, Verantwortung und der unsichtbaren Last des Funktionierens regt sich in ihr eine leise, aber immer lauter werdende Sehnsucht: nach Freiheit, nach Lebendigkeit, nach sich selbst.
Als der 19 Jahre jüngere Kieran in ihr Leben tritt, beginnt für Ava eine Reise zurück zu ihrem eigenen Ich – zu einer Frau, die mehr ist als Rollen und Erwartungen. Doch darf sie das? Darf sie sich selbst an erste Stelle setzen – auch wenn es bedeutet, das Gefüge ihrer Familie zu erschüttern?

Rezension:

Ein starkes, sensibles Debüt, das tief unter die Haut geht. Vera Zischke erzählt mit viel Feingefühl und leiser Intensität von der Zerreißprobe einer Frau – zwischen der Liebe zur Familie und der Liebe zu sich selbst. Avas Gedankenwelt ist eindringlich und oft schmerzhaft ehrlich geschildert. Ihre Ängste, Zweifel und das leise Aufbegehren gegen ein Leben, das sich nicht mehr nach ihr anfühlt, haben mich tief berührt. Besonders Avas Wiederentdeckung ihrer eigenen Weiblichkeit – ihr Wunsch, wieder gesehen und begehrt zu werden, nicht nur als Mutter, sondern als Frau – ist so kraftvoll erzählt.

SPOILER:

Trotz aller Begeisterung bleiben zwei Punkte für mich schwierig: Die Eheprobleme, die Ava belasten, werden oft eher hingenommen als aktiv hinterfragt oder thematisiert – wirklicher Austausch, echtes Ringen fehlt außerhalb der Therapieszenen weitgehend. Und Avas Mann bleibt etwas zu stark im Klischee des passiven, verständnislosen Ehemanns verhaftet. Dadurch fällt es leicht, Avas Entscheidungen als notwendig und „richtig“ zu empfinden – doch wirkliche Komplexität entsteht gerade in den Grauzonen.


Trotzdem: 4.5 Sterne für einen bewegenden Roman, der lange nachhallt und die Frage stellt: Darf ich mich selbst wichtiger nehmen – auch wenn es wehtut?