A review by laelyn
Die verschwundenen Studentinnen by Alex Michaelides

3.0

Michaelides' Debütroman "Die stumme Patientin" war einer der besten Thriller, die ich seit einer ganzen Weile gelesen hatte. Daher war ich extrem gespannt auf seinen Nachfolgeroman "Die verschwundenen Studentinnen", der mich letzten Endes darin bestätigt hat, dass dieser Autor ein absoluter Must read für mich wird.

Auch "Die verschwundenen Studentinnen" ist spannend, kurzweilig und versehen mit einem schockierenden Twist, den ich zumindest in seiner Komplexität nicht vorhersehen konnte. Der Plot ist spannend und mysteriös und kratzt ein wenig am Dark Academia Genre, das ich persönlich sehr liebe (Hier sei kurz anzumerken, dass die aktuelle Beschreibung des Plots auf der deutschen Goodreads-Seite des Buches vollkommen irreführend und falsch ist; vielleicht wird hier eine frühere Version der Geschichte beschrieben, die aber mit dem Buch nichts mehr zu tun hat). Die Übersetzung gefällt mir persönlich besser als in Michaelides' Erstlingswerk, es liest sich einfach sehr flüssig.

Meinen Erwartungen konnte das Buch trotzdem nicht ganz entsprechen. Zwar wurde die Spannung bis zum Ende aufrechterhalten, ich mochte die vielen literarischen und mythologischen Referenzen und Mariana ist eine komplexe Protagonistin, deren Hintergrundstory mich definitiv berührt hat, aber trotzdem hat es an einigen Stellen einfach gehinkt.

Als Erstes fällt dabei der Titel auf. Im englischen Original heißt das Buch "The Maidens" und bezieht sich somit besonders auf die Mädchengruppe rund um den Mordverdächtigen Edward Fosca. Der deutsche Titel ist dahingegen irgendwie seltsam irreführend - Hier verschwinden keine Studentinnen, sie werden schlichtweg ermordet aufgefunden. Der Titel passt schlichtweg überhaupt gar nicht zum Inhalt des Buches und ich habe das Gefühl, dass er sich viel mehr auf die veraltete Version (wie sie auf Goodreads zu finden ist) bezieht.

Gleichzeitig hätte ich mir auch gewünscht, dass sich das Buch viel mehr mit der Gruppe um Fosca beschäftigt, immerhin ist sie (im Original) titelgebend und es sind Mitglieder dieser Gruppe, die ermordet werden. Trotzdem bleiben sie bis zum Ende irgendwie einfach nebensächlich, dabei sind sie gerade aus der für Michaelides so typischen psychologischen Sicht her so interessant.
Die Identität des Mörders ist leider, für mich persönlich, sehr vorhersehbar. Ich hatte eine gewisse Theorie schon sehr früh im Buch und habe gehofft, dass sie sich nicht bewahrheiten wird - am Ende kam es dann aber doch genau so. Immerhin, die Hintergründe der Tat und der bereits genannte damit zusammenhängende Twist haben mich komplett überrascht. Das ist zum Einen genau das, was ich will - überrascht werden von einem Twist. Andererseits sind Twists für mich nur dann wirklich gut, wenn sie sich im Nachhinein aus der Geschichte heraus erklären lassen, wenn es zu einem "Aha, macht Sinn!"-Moment kommt, wenn versteckte Anzeichen in die Story eingewoben werden, die sich später erklären lassen. Das passiert hier nicht, weswegen ich im Nachhinein eher enttäuscht war. Die Red Herrings, die Michaelides der Leserschaft anbietet, sind meiner Meinung nach auch ein bisschen zu offensichtlich als solche zu erkennen.
Persönlich mochte ich auch die Art und Weise, wie sich der Mörder nach dem großen Reveal verhält im Vergleich zum Vor-Reveal-Verhalten nicht, mag diese Art von "plötzlicher Unhingedness" aber grundsätzlich nicht.

Das sind viele Kritikpunkte, dennoch habe ich diesen Thriller gern und in einem Sitting verschlungen. Er ist kurzweiliges Entertainment, toll geschrieben, spannend aufgebaut. Ich hätte mir nur ein bisschen mehr erwartet.

Ein dickes Dankeschön an Droemer Knaur und Netgalley für das Leseexemplar!