A review by mira123
Muss ich das gelesen haben?: Was in unseren Bücherregalen und auf Literaturlisten steht - und wie wir das jetzt ändern by Teresa Reichl

3.0

 
Wie ihr alle wisst, rezensiere ich auf meinem Blog immer wieder auch Klassiker. Für mich war das eine Trotzreaktion auf die Tatsache, dass viele Menschen Klassiker als unantastbar betrachten und auf eine Art Podest stellen. Leute, es sind nur Bücher. Ja, das sind Texte, denen wir als Gesellschaft einen besonderen Wert zuschreiben, aber trotzdem nur Texte. Wenn wir die auf ein Podest stellen, sie unantastbar machen und jede Kritik daran verbieten, steigt die Angst vor diesen Büchern. Wenn man die um jeden Preis mögen muss, weil sonst die eigene Intelligenz infrage gestellt wird, können Klassiker nur negativ wahrgenommen werden. Da lässt man dann lieber die Finger davon. Das war lustigerweise auch bei mir lange der Fall. Würde man wohl nicht glauben, dadurch, dass ich Literaturwissenschaft studiere, oder? Erst als ich mir erlaubt habe, Klassiker zu kritisieren, darüber zu schimpfen, zu lachen und sie als normale Bücher zu betrachten, haben sie angefangen, mir Spaß zu machen. Und auch die Frage "Muss ich das gelesen haben?" kann ich seitdem einfacher beantworten: Nein, du musst nichts gelesen haben. Außer du willst es lesen.

In diesem Sachbuch betrachtet Teresa Reichl Klassiker auf verschiedenen Perspektiven. Sie erklärt Fachbegriffe (Was ist eigentlich Literatur?), erklärt, wie ein Kanon entsteht und warum der aktuelle Kanon doch problematisch ist und kritisiert werden muss und macht Vorschläge, durch welche Bücher der aktuelle Kanon ergänzt werden könnte, um ihn diverser zu machen.

Besonders an diesem Buch ist vor allem sein Schreibstil. Dieses Buch richtet sich an Jugendliche und das merkt man auch. Die Autorin verwendet hier Slang, Dialekt, zitiert TikTok-Videos und Memes. Ich gehöre nicht mehr zur Zielgruppe und das habe ich auch deutlich gemerkt. Gerade zu Beginn hatte ich mit diesem Stil Probleme, gerade jüngeren Leser:innen könnte das aber gefallen. Mir selbst waren da zu viele Füllwörter, mit vielen der Fußnoten konnte ich nichts anfangen und die vielen Seitenhiebe gegenüber Thomas Mann hielt ich irgendwann für übertrieben. 
Auch gefallen könnte jüngeren Menschen Reichls Definition von Literatur, die um einiges weiter gefasst ist als meine eigene. So können für Reichl auch TikTok-Videos Literatur sein - eine Einstellung, die ich nicht wirklich teilen kann. Allerdings bin ich auf dieser App auch nicht wirklich aktiv und sehe nur Videos, die mir weitergeleitet werden. Wer weiß also schon, ob sich da nicht auch Hochwertigeres rumtreibt.

Mein Fazit? Mich würde es interessieren, wie dieses Buch bei der tatsächlichen Zielgruppe ankommt. Da gehöre ich nicht mehr ganz dazu. Ich mochte einige Aspekte dieses Buchs, mit anderen hatte ich meine Probleme.