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_jellie_ 's review for:

Traumnovelle by Arthur Schnitzler
3.0

Ich musste dieses Buch bereits in der Oberstufe lesen, konnte es damals aber überhaupt nicht leiden. Inzwischen lese ich Schnitzler sogar sehr gerne, weswegen ich der Traumnovelle eine zweite Chance geben wollte.

Obwohl mir das Buch immer noch nicht sonderlich gefällt, weil die Abenteuer Fridolins für meinen Geschmack etwas zu wirr sind, war es eine gute Idee, die Geschichte nochmal mit mehr Ernst zu betrachten. Ich konnte diesmal viele interessante Aspekte für mich entdecken, die mir zuvor nicht aufgefallen sind.

Schnitzler war ein großer Anhänger von Sigmund Freud. Die Psychoanalyse wirkt in mehreren Werken Schnitzlers, die ich bis jetzt gelesen habe, mit, allerdings war es in der Traumnovelle am offensichtlichsten.
Es wird eine angenehm realistische Darstellung einer langfristigen Beziehung thematisiert, in der Albertine und Fridolin mit den unterbewussten erotischen Bedürfnissen des jeweils anderen konfrontiert werden. Albertine hegt einen Zorn gegen ihren Mann, da ihr sexuelle Erfahrungen vor der Ehe verwehrt geblieben sind. Durch ihr Geständnis, dass sie einen anderen Mann begehrt hat, fühlt sich Fridolin in seiner Männlichkeit verletzt und dazu provoziert, es ihr heimzuzahlen, obgleich er zur selben Zeit an einer Minderjährigen interessiert war.

In den folgenden Geschehnissen vermischen sich Traum und Wirklichkeit, und es ist unklar, was von Fridolins Erlebnissen wirklich stattgefunden hat. Meine persönliche Meinung ist, dass viele seiner Frauenbegegnungen, in denen sich die Frauen meist zu seinen Füßen warfen, zumindest zu großen Teilen Fridolins unbewussten Verlangen entsprangen, statt der Realität. Ebenso der Ball, bei dem er von einer ihm gänzlich unbekannten, wunderschönen Frau gerettet wird, die dabei für ihn das Leben lässt. Es klingt zu sehr nach einer männlichen Wunschvorstellung, und macht auch rein logisch wenig Sinn.

In diesen Abenteuer verarbeitet er allerdings seine Gefühle zu Albertine, um sich letztendlich mit ihr zu versöhnen. Ganz ehrlich muss ich sagen, dass das durch Fridolin gezeichnete Frauenbild zwar für das Erscheinungsjahr des Buches fortschrittlich, aber trotzdem aus heutiger Sicht furchtbar war.

Trotzdem finde ich schön, wie Albertine und Fridolin am Ende beidseitiges Verständnis aufbauen können und somit ihre Ehekrise überwinden können.