A review by missbookiverse
Fury by Shirley Marr

2.0

Liebes Fury,
es hat keine 10 Seiten gebraucht, um meinen ersten Eindruck von deiner Protagonistin Eliza in Stein zu meißeln. Eliza ist eine verzogene, arrogante Göre. Der erste Eindruck mag täuschen, mich hat er den Rest des Buches aber nicht mehr losgelassen.

Elizas Antipathie rührt als erstes von der Art wie sie redet. Du gibst die Geschichte durch ihre Augen und Worte wieder und verschönst dabei ihre überhebliche Weltansicht kein bisschen. Eliza redet über alles und jeden von oben herab. Am liebsten beurteilt sie Menschen nach ihrem Äußeren, vorzugsweise auf beleidigende Art (fett, schlecht angezogen usw.). Sie lehnt es ab Trinkwasser zu sich zu nehmen und findet, dass die ganze Welt sich nur um sie drehen sollte. Ihre beiden engsten Freundinnen scheint sie nur zu haben, um sie herumkommandieren zu können. Ich möchte da mal eine Aussage zitieren:

„Listen Marianne, when I ask you to do something I want you to respect me. End of story. I am the boss, not you.“


Sagte sie zu ihrer Freundin. Ich meine, geht’s noch? Wer redet denn so mit seinen angeblichen Freunden? Und welche Menschen lassen sich so ein Getue lange gefallen? Die Mädchen scheinen alle nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Ich konnte aber partout nicht verstehen, was sie aneinander finden.

Ich halte es durchaus für möglich, dass deine Mama Shirley Marr Eliza genau so herüberbringen wollte. Sie wäre ja nicht die Erste, die mit einer unsympathischen Protagonistin arbeitet. Zu allererst fällt mir da Sam in Before I Fall ein, die ich allerdings von Anfang an trotzdem mochte und die eine wunderbare Entwicklung durchmacht. Bei dir ist das allerdings nach hinten losgegangen, weil ich mich die ganze Zeit nur über Eliza und die Art wie sie andere behandelt aufgeregt habe.

Ich hab noch ein paar andere Beschwerden auf Lager, aber kommen wir erst mal zum guten Teil oder? Deine Story ist eigentlich nicht schlecht. Es gibt zwei Erzählebenen. Einmal, die in der Gegenwart, dort befindet Eliza sich in Untersuchungshaft und ihr Betreuer versucht die Wahrheit aus ihr herauszubekommen. Ebene Nummer Zwei schildert in Rückblicken was für eine Tat sich tatsächlich zugetragen hat und wie es dazu kam. Es dauert bis zum Ende bis du mir überhaupt verraten hast, wer eigentlich gestorben ist, durch wessen Hand und warum. Clever eingefädelt von dir, hat mich nämlich neugierig weiterlesen lassen.

Das war’s schon mit dem Lob. Obwohl dein Schreibstil theoretisch noch ganz gut war. Leider sind mir da die Dialoge sauer aufgestoßen. Ich fand sie klangen oft zu aufgesetzt und folgten keinem logischen Gesprächsfaden. Will sagen, Figuren haben Sachen erwidert, die für mich überhaupt nicht in die Unterhaltung gepasst haben. Das war auch so ein generelles Problem, nicht nur in Dialogen. Ab und zu wirkten Absätze auf mich etwas zusammenhangslos und ich konnte sie nicht richtig zuordnen.

Ein Punkt noch, okay? Deinen Mordfall an sich fand ich glaubhaft eingefädelt und ausgeführt. Mit einigen Zwischenstellen hatte ich dafür meine Probleme. Ich fand es einfach nicht realistisch, dass Elizas Betreuer sie beispielsweise zum Essen ausführt, obwohl sie das Polizeigebäude nicht verlassen darf. Noch unglaubwürdiger kamen mir sämtliche Erwachsene der Geschichte vor, vor allem das Schulpersonal. Die entsprachen alle der Sparte „böse Stiefeltern“.
SpoilerIch meine, mal ernsthaft, die Vergewaltigung einer Schülerin ist ein offenes Geheimnis an der Schule und niemand unternimmt etwas dagegen? Niemand versucht mal mit der Schülerin zu sprechen oder ihre Eltern zu informieren? Vielleicht glaube ich zu sehr an das Gute in den Menschen, aber das halte ich für zu weit hergeholt und es wirkte auf mich eher wie ein Hilfsmittel, um den Plot in eine bestimmte Richtung treiben zu können.


Schade, Fury, aus deinem Kern hätte man wunderbare Pflanzen ziehen können. Deine Protagonistin hat mit ihrem schwarzen Daumen aber alles im Keim erstickt.

Auf Nimmerwiedersehen
Infinite Playlist