A review by chaari
Die einzige Geschichte by Julian Barnes

4.0



Jeder Mensch hat eine Liebesgeschichte. Jeder. Vielleicht war sie ein Katastrophe, vielleicht ist sie im Sande verlaufen, vielleicht ist sie gar nicht richtig in Gang gekommen, vielleicht gab es sie nur in Gedanken, das macht sie nicht weniger real. […] Jeder Mensch hat eine. Es ist die einzige Geschichte.
Barnes, Julian (2020): Die einzige Geschichte Seite 59

Paul ist jung, er lebt in einer langweiligen Vorstadtsiedlung und er ist verliebt. In die 30 jährige Susan, die auch noch verheiratet ist. Aber so einfach ist das Leben eben doch nicht und die Beziehung sieht sich einigen Problemen gegenüber.

Hauptcharakter Paul blickt in diesem Buch ein wenig auf seine einzige Geschichte zurück. Auf seine Beziehung mit Susan, der 30 Jahre älteren verheirateten Frau, der er im zarten Alter von 19 Jahren verfallen ist. Dabei beschäftigt er sich auch mit dem Begriff „Liebe“ und seine Auffassung des Konzepts von „Liebe“ verändert sich auch über die Jahre, genauso wie sich auch seine Beziehung ändert. Es ist ganz spannend mitzuerleben, wie aus „himmelhochjauchzend“ auf einmal auch „zu Tode betrübt“ wird und wie Paul die psychischen Probleme von Susan wahrnimmt und auch damit umgeht. Spannend auch, dass sich oft die Erzählperspektive ändert und der Autor so eine gewisse Distanz zwischen Paul und seiner Geschichte schafft. Eine gute Geschichte lebt auch von seiner äußeren Form und hier brilliert Julian Barnes ganz ohne Frage.

Auf der anderen Seite macht der ständige Perspektivenwechsel zwar für die Geschichte Sinn, hat mich aber doch einigermaßen im Leseflow gestört und da hat es auch nicht geholfen, dass das Buch lediglich in drei Teile aufgeteilt ist und ansonsten in keinerlei Kapitel. Ich habe beim Lesen ganz gerne mal eine Verschnaufpause und das hatte ich hier eigentlich nicht.

„Die einzige Geschichte“ ist auch kein Buch in dem alles Schlag auf Schlag passiert, die Ereignisse kommen eher schleichend und graduell um die Ecke was Sinn macht, allerdings fand ich es teilweise dadurch auch ein bisschen langweilig.

Trotzdem ein unglaublich feinsinniger und schlauer Roman, der mir besser gefallen hat, als ich das gedacht hätte.
3,5 von 5 Sterne