A review by sanihachidori
Die Erfindung von Mittelerde: Was Tolkien zu Mordor, Bruchtal und Hobbingen inspirierte by John Garth

4.0

INHALT:

Das Buch „Die Erfindung von Mittelerde“ umfasst wirklich viel geballtes Wissen um die Orte dieser wunderbaren Fantasy-Welt, die so viele Leser begeistern konnte. Dabei überraschte mich vor allem, dass die Analysen sehr viel Sachbuch-Charakter hatten und sicherlich auch für eine Untersuchung im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit geeignet wäre. Es werden Symboliken erläutert, Bezüge zu antiken Figuren oder nordischen Mythen aufgezeigt.
Es beeindruckte mich vor allem, wie vielfältig und groß die Einflüsse klassicher Literatur auf Tolkiens Schaffen waren. Da gibt es nicht nur starke Parallelen zur Artussage, sondern auch zu Homer oder der nordischen Schöpfungsgeschichte.
All das ist so detailliert unter die Lupe genommen worden, dass ich zugegebenermaßen manchmal etwas überfordert mit der Menge an Informationen war, die auf einen einprasselten. Dennoch kann der interessierte Leser und Tolkien-Fan hier viele Infos erschließen, die ich so noch nirgendwo anders in dieser Aufmachung konzentriert vorgefunden hätte.
Besonders begeistert hat mich die Idee der Strukturierung des Inhalts. Dabei wird sich vor allem auf geografische Besonderheiten konzentriert und kategorisiert. Zunächst wird auf England und das Auenland eingangen, was auch eng mit Tolkiens Kindheit verwoben ist. Auch die kartographische Entstehung wird sehr genau beleuchtet.
Das Kapitel „Vier Winde“ erläutert Mittelerdes Entstehung anhand der Himmelsrichtungen und fasst zusammen, was hier jeweils ganz allgemein einen Einfluss ausübte.
Danach folgen „Lúthiens Land“, „Küste und Meer“, „Wurzeln der Berge“, „Flüsse, Seen und Wasserwelten“ sowie „Baumdurchwirkte Lande“. Zum Abschluss wird nochmals eine andere Perspektive eingenommen, die wegführt von den geografischen Merkmalen und mehr hin zur eigentlichen Handlung von Mittelerde. Beleuchtet werden dort „Altertümliche Spuren“, „Wacht und Hut“, „Kriegsschauplätze“ und „Handwerk und Industrie“.
Untermalt werden alle Beschreibungen durch alte Fotografien, Karten, originale Zeichnungen Tolkiens und großformatige Landschaftsbilder, so wie der wissende Leser es bereits von anderen Büchern des Verlags kennt.


SCHREIBSTIL:

Vorweg muss gesagt werden, dass ich sehr überrascht war, wie klein dieses Buch gedruckt ist. Somit ergibt sich eben auch die erwähnte Informationsfülle auf diesen wenigen Seiten. Es wird also trotz geringer Seitenanzahl sehr viel geboten. Die Texte sind aus meiner Sicht sehr wissenschaftlich formuliert, sehr analytisch und zuweilen auch ein kleines Bisschen trocken. Wer also kein Sachbuch, sondern lediglich ein unterhaltsames Feuilleton erwartet, der sollte erneut prüfen, ob das Buch wirklich die richtige Lektüre für ihn ist. Auf jeden Fall liest es sich nicht schnell weg und ist auch kein Buch für Zwischendurch, da es einiges an Hirnschmalz verlangt, um die ganzen Zusammenhänge übergreifend zu verstehen. Die jeweiligen Beschreibungen sind allerdings von solch sprachlicher Schönheit und Informationstiefe, dass der Leser das gern verzeiht.


FAZIT:

Dieses Buch ist zwar keines, was ich einfach zwischendurch lesen würde, aber es ist einfach so vollgepackt mit interessanten Informationen, dass ich nicht umhin komme, es euch wärmstens ans Herz zu legen, wenn ihr mehr über Mittelerde und deren Entstehung erfahren wollt. Zugegebenermaßen hätte ich mir noch die ein oder andere biographische Information mehr zu Tolkien gewünscht, doch das tat der Qualität des Buchs keinen Abbruch.
Ein Buch für echte Tolkien- und Mittelerde-Fans in anspruchsvoller Umsetzung und wunderschöner Aufmachung. Geballte Informationen treffen auf gelungene Bildauswahl. Lesenswert!