A review by jarichan
Muss ich das gelesen haben? Was in unseren Bücherregalen und auf Literaturlisten steht - und wie wir das jetzt ändern by Teresa Reichl

5.0

Auf die Frage, ob jemand dieses oder jenes Buch gelesen haben sollte, habe ich bisher immer geantwortet, dass es kein Buch gibt, das jede/r gelesen haben MUSS. Nun aber revidiere ich meine Meinung und antworte, _dieses_ Buch hier _muss_ mensch gelesen haben.

Habt ihr euch auch schon mit Schullektüren gelangweilt? Euch gefragt, weshalb ihr das lesen müsst? Ob ihr einfach nicht schlau genug seid, um das Ganze zu begreifen? Selbst ich als Buchhändlerin mit einer lebenslangen Liebe zu Büchern bin schon an Schultiteln gescheitert. Jedoch könnte dies auch daran liegen, dass der Literaturkanon sehr einseitig gestaltet ist und wir uns einfach nicht in dessen Lebenswelt wiederfinden. Denn der Kanon wird grundsätzlich von einer einzigen Gesellschaftsschicht dominiert und ausgewählt: CIS-männlich, weiss und aus gehobenen Verhältnissen.

Genau dies möchte Teresa Reichl ändern. Und das tut sie laut und bunt. Weil das Leben so ist: divers. Die Ausrede "Dazu gibt es nicht" lässt sie ebenfalls nicht gelten und zeigt auf, dass es eben nicht so ist. Es wurde vielen Menschen schwer gemacht, den Frauen, den Queeren, den Behinderten, den Armen, aber dennoch haben sie sich widersetzt. Haben geschrieben. Sich gewehrt. Getrotzt. Gekämpft.

Unsere Welt besteht nicht nur aus einer einzelnen Gruppe. Wir sind ein Mosaik. Wir sind viele. Und gerade für junge Menschen ist es wichtig, ein Gefühl vermittelt zu bekommen, dass sie nicht alleine dastehen. Alleine sind mit diesen Gefühlen. Gedanken. Dass es da draussen welche gibt, denen es vielleicht eben so geht.

Auch ist es wichtig, zu vermitteln. Rassismus aufzuzeigen. Vorurteile abzubauen. Den Horizont zu erweitern. Sich in andere fühlende Wesen einzudenken. Das alles kann Kunst. Dazu zählt Teresa Reichl nicht nur Literatur, sondern auch YouTube-Videos, Poetry Slam, Lyrics. Kunst ist überall zu finden und es wird Zeit, dass der Lehrplan sich der Lebensrealität der jungen Menschen annimmt.

Denn das haben sie verdient. Und wir alle haben es verdient, die Welt nicht nur aus einem einzigen Blickwinkel wahrzunehmen.