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A review by tinido
Die rätselhaften Honjin-Morde by Seishi Yokomizo

dark mysterious sad tense fast-paced
  • Plot- or character-driven? A mix
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

3.75

Mein erster Krimi aus Japan, deswegen neige ich dazu, die zahlreichen Besonderheiten von Plot-Aufbau und Erzählhaltung – das ist alles super-meta – damit in Verbindung zu bringen: Es wirkt ein bisschen so, als habe der Autor den Eindruck, er müsse seine Lesendenschaft noch davon überzeugen, dass japanische Autoren Krimis schreiben können und dürfen, und dass diese Krimis in Japan spielen dürfen und spezifisch japanische Elemente zum Zentrum der Handlung machen können und dürfen. Erstaunlicherweise fand ich den Krimi trotz der auch noch ineinander verschachtelten Meta-Ebenen ziemlich spannend, auch wenn man als Leser*in relativ systematisch hinters Licht geführt wird, während der Detektiv, der Held des Krimis, der damit in eine 77 Bücher umfassende Laufbahn als Privatdetektiv startet, zum Teil doch recht Deus ex machina-mäßig agiert. Sehr interessant ist, wie auch bei Yokomizo der Detektivroman eine Form ist, die Veränderungen der Stellung von gesellschaftlichen Eliten im Rahmen der Modernisierung / der Moderne zu beobachten. Das ist ja auch in vielen klassischen Golden Age-Romanen ein immer mitlaufendes Thema: das Zusammenbrechen bzw. mehr oder weniger dynamische Wegbröckeln des Empires und seiner gesellschaftlichen Normen und Formen. Das Wegbrechen traditioneller japanischer Gesellschaftsnormen und -formen ist hier ein zentrales Thema, – und wird sogar auch so benannt. So hat der Privatdetektiv an einem US-College studiert, wie auch sein Auftraggeber, während sich der gesellschaftliche Stand der Familie, in der das Verbrechen passiert, aus ihrer historischen Nähe zum Adel des Shogunats herrührt. 
Extra Punkte gibt's für die herausragende schöne Ausstattung meiner Büchergilde-Ausgabe: Die Illustrationen von Ann-Kathrin Peuthen sind einfach fantastisch und bringen eine weitere Ebene in die Geschichte. Lesebändchen, Typographie und Einband-Material machen das Buch selbst zu einem schönen Objekt, das man einfach auch gerne in der Hand hat.