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A review by tasto777
Corpus Delicti. Ein Prozess by Juli Zeh
informative
tense
slow-paced
- Plot- or character-driven? Character
- Strong character development? Yes
- Loveable characters? Yes
- Diverse cast of characters? No
- Flaws of characters a main focus? Yes
3.0
»Die Zaunreiterin befindet sich auf der Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis. Zwischen Diesseits und Jenseits, Leben und Tod, Körper und Geist. Zwischen Ja und Nein, Glaube und Atheismus. Sie weiß nicht, zu welcher Seite sie gehört. Ihr Reich ist das Dazwischen.«
Juli Zeh, Corpus Delicti, Die Zaunreiterin
Genau diese Zeilen fassen meinen Eindruck von diesem Buch perfekt ein. Es ist das Dazwischen.
Zu erst muss ich sagen, es ist kein schlechtes Buch. Bei weitem nicht. Aber es ist eben auch nicht gut. Es ist ein Buch, was ich nicht empfehlen würde, doch gleichzeitig wöllte ich es. Es ist schwer zu beschreiben. Deswegen werden wir das jetzt ein wenig auseinander nehmen.
Juli Zehs Schreibstil erinnert mich stellenweise ein bisschen an die Übersetzungen von Terry Pratchetts Werken. Sehr viele schöne Bilder und Metaphern, was mir echt gefällt. Doch irgendwie klingt es bei ihr, im Gegensatz zu Pratchett, oft ziemlich gezwungen. So als will sie uns zeigen, dass sie es kann. Es hinterlässt bei mir jedenfalls oft Erstaunen und Begeisterung. Im selben Atemzug mit Enttäuschung und ein wenig Verwunderung. Es passt irgendwie nicht 100%ig, was für sich sehr schade ist.
Inhaltlich zeichnet Zeh eine Dystopie, die nicht einmal unauffällig auf George Orwells 1984 verweist. Die Parallelen sind sehr stark ausgeprägt. Auch hier ist Corpus Delicti aber wieder ei Dazwischen. Denn sie versucht Orwell nachzuahmen aber erzeugt nicht so viel Grauen und Schrecken wie die Vorlage. Es ist viel seichter und versucht die Leser:innen nicht so stark zu bedrängen.
Die Handlung hat mir persönlich nicht ganz so gut gefallen. Es ist sehr dystopisch, sehr viel Revolution und Zweifel und Diktatur. Wer gern soetwas liest, kommt vielleicht auf seine Kosten. Das kann ich aber nicht beurteilen. Ich lese gern verschiedene Dinge, da für mich das Gesamtbild entscheidender als das Genre ist. Dieses Werk hat mich jedoch nicht vollends überzeugt.
Die Charaktere waren wieder so ein Ding dazwischen. Mia, die Protagonistin, ist zu Anfang sehr Methodenkonform, erfüllt ihre Aufgaben und denkt streng rational. Im Laufe des Romans durchläuft sie einen 'Prozess', beginnt zu Zweifeln, an der Methode, Moritz, sich selbst. Schließlich wird sie Gegnerin der Diktatur und scheint auch ihren Verstand zu verlieren. Rationalität wird von Emotionalität abgelöst. Diese Entwicklung ist für die Handlung wichtig, das steht außer Frage, und doch wirkt besonders der Schritt vom Zweifel zur Ablehnung sehr plötzlich.
Daneben haben wir Moritz, den wir nie persönlich kennenlernen, da er vor Beginn des Buchs Selbstmord beging und nur durch Mias Erinnerung lebt. Er ist ein Freigeist und will sich nirgendwo unterordnen. Er will sich nichts vorschreiben lassen. Ich mochte ihn irgendwie am liebsten, weil er diese träumerischen Hoffnungen hat. Diese Wünsche und eine Sehnsucht nach Freiheit.
Schließlich haben wir noch Heinrich Kramer. Er wird als gutaussehend, groß, dünn, dunkelhaarig und schwarzäugig beschrieben. Er glaubt an die Methode, ist ihr Hauptvertreter und tritt als mächtigster Mann dieses Systems auf. Gleichzeitig glaubt er aber auch daran, dass kein System sich von anderen unterscheidet. Es wird immer gleich bleiben. Ihn finde ich am interessantesten. Er hat Tiefe. So viel mehr als die anderen Figuren. Denn irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass er nicht einfach nur der Methode untergeben ist. Die Art, wie er mit Mia redet. Wie sie regelrecht miteinander spielen, wann immer sie miteinander zutun haben. Es zeigt, dass hinter seinem Charakter irgendwie mehr steckt, als sich auf den ersten Blick vermuten lässt.
Andererseits haben wir seine Beziehung zu Mia. Es ist einfach mehr. Sie sind nicht einfach Antagonisten. Außerdem frage och mich immernoch, was diese mehr oder weniger erotischen Momente zwischen den Beiden bezwecken sollten. Da muss es etwas geben. Irgendwas, was uns das als Leser sagen soll. Mir hat es sich noch nicht erschlossen. Ich fand das trotzdem sehr spannend.
Was den Spannungsbogen angeht, kann ich nicht viel sagen, weil wir es für den Unterricht lesen sollten und unsere Lehrerin der Meinung war, dass es eine gute Idee ist, die Handlung zu behandeln, bevor wir das Buch gelesen haben. Somit war ich stark gespoilert. Trotzdem wollte ich weiterlesen. Denn diese besondere Beziehung zwischen Mia und Kramer hat mich gefesselt und nicht wirklich losgelassen.
Nachdem wir jetzt verschiedene Aspekte genauer behandelt haben, glaube ich, das Buch besser im ganzen bewerten zu können. Meine ursprüngliche Meinung bleibt dabei erhalten. Es ist kein schlechtes Buch und es auch kein gutes Buch. Es ist ein Dazwischen Buch, das sich nicht entscheiden kann. Die Idee ist wirklich interessant und ich sehe auch, wohin Juli Zeh damit will. Wir haben uns bei der Behandlung nur die Kritik am Gesundheitswahn als Intention notiert. Ich denke da steckt noch mehr dahinter. Sie blickt in eine Diktatur. In ein System, was gar nicht so schlecht erscheint. Sie beschreibt Dinge, die man vielleicht schonmal gedacht hat (Solang man nichts zu verbergen hat, kann man doch xy über sich ergehen lassen) und kritisiert verschiedene Dinge. Worauf die Kramer/Mia Sache abzielt weiß ich nicht. Auch die Sache mit den Kupferrohren und Würmern ist mir noch immer nicht klar. Doch man merkt Juli Zeh meiner Meinung nach etwas zu stark an, dass sie etwas sagen will. Dass sie dabei noch beweisen will, wie gut sie mit Sprache umgehen kann, ist dabei nicht unbedingt gut. Es fühlt sich einfach an, als will Zeh große Literatur schreiben, anstatt dass sie es einfach tut. Ich finde das schwer zu beschreiben.
Wer Gesellschaftskritik ein wenig subtiler und mit mehr Witz und Intelligenz lesen will, sollte vielleicht mal Terry Pratchett versuchen. Er schafft das, was Juli Zeh versucht zu haben scheint, in Vollendung. Oder man greift gleich zu 1984.
Meine letzten Worte zu diesem Roman sind diese: er ist eine Zaunreiterin.
Juli Zeh, Corpus Delicti, Die Zaunreiterin
Genau diese Zeilen fassen meinen Eindruck von diesem Buch perfekt ein. Es ist das Dazwischen.
Zu erst muss ich sagen, es ist kein schlechtes Buch. Bei weitem nicht. Aber es ist eben auch nicht gut. Es ist ein Buch, was ich nicht empfehlen würde, doch gleichzeitig wöllte ich es. Es ist schwer zu beschreiben. Deswegen werden wir das jetzt ein wenig auseinander nehmen.
Juli Zehs Schreibstil erinnert mich stellenweise ein bisschen an die Übersetzungen von Terry Pratchetts Werken. Sehr viele schöne Bilder und Metaphern, was mir echt gefällt. Doch irgendwie klingt es bei ihr, im Gegensatz zu Pratchett, oft ziemlich gezwungen. So als will sie uns zeigen, dass sie es kann. Es hinterlässt bei mir jedenfalls oft Erstaunen und Begeisterung. Im selben Atemzug mit Enttäuschung und ein wenig Verwunderung. Es passt irgendwie nicht 100%ig, was für sich sehr schade ist.
Inhaltlich zeichnet Zeh eine Dystopie, die nicht einmal unauffällig auf George Orwells 1984 verweist. Die Parallelen sind sehr stark ausgeprägt. Auch hier ist Corpus Delicti aber wieder ei Dazwischen. Denn sie versucht Orwell nachzuahmen aber erzeugt nicht so viel Grauen und Schrecken wie die Vorlage. Es ist viel seichter und versucht die Leser:innen nicht so stark zu bedrängen.
Die Handlung hat mir persönlich nicht ganz so gut gefallen. Es ist sehr dystopisch, sehr viel Revolution und Zweifel und Diktatur. Wer gern soetwas liest, kommt vielleicht auf seine Kosten. Das kann ich aber nicht beurteilen. Ich lese gern verschiedene Dinge, da für mich das Gesamtbild entscheidender als das Genre ist. Dieses Werk hat mich jedoch nicht vollends überzeugt.
Die Charaktere waren wieder so ein Ding dazwischen. Mia, die Protagonistin, ist zu Anfang sehr Methodenkonform, erfüllt ihre Aufgaben und denkt streng rational. Im Laufe des Romans durchläuft sie einen 'Prozess', beginnt zu Zweifeln, an der Methode, Moritz, sich selbst. Schließlich wird sie Gegnerin der Diktatur und scheint auch ihren Verstand zu verlieren. Rationalität wird von Emotionalität abgelöst. Diese Entwicklung ist für die Handlung wichtig, das steht außer Frage, und doch wirkt besonders der Schritt vom Zweifel zur Ablehnung sehr plötzlich.
Daneben haben wir Moritz, den wir nie persönlich kennenlernen, da er vor Beginn des Buchs Selbstmord beging und nur durch Mias Erinnerung lebt. Er ist ein Freigeist und will sich nirgendwo unterordnen. Er will sich nichts vorschreiben lassen. Ich mochte ihn irgendwie am liebsten, weil er diese träumerischen Hoffnungen hat. Diese Wünsche und eine Sehnsucht nach Freiheit.
Schließlich haben wir noch Heinrich Kramer. Er wird als gutaussehend, groß, dünn, dunkelhaarig und schwarzäugig beschrieben. Er glaubt an die Methode, ist ihr Hauptvertreter und tritt als mächtigster Mann dieses Systems auf. Gleichzeitig glaubt er aber auch daran, dass kein System sich von anderen unterscheidet. Es wird immer gleich bleiben. Ihn finde ich am interessantesten. Er hat Tiefe. So viel mehr als die anderen Figuren. Denn irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass er nicht einfach nur der Methode untergeben ist. Die Art, wie er mit Mia redet. Wie sie regelrecht miteinander spielen, wann immer sie miteinander zutun haben. Es zeigt, dass hinter seinem Charakter irgendwie mehr steckt, als sich auf den ersten Blick vermuten lässt.
Andererseits haben wir seine Beziehung zu Mia. Es ist einfach mehr. Sie sind nicht einfach Antagonisten. Außerdem frage och mich immernoch, was diese mehr oder weniger erotischen Momente zwischen den Beiden bezwecken sollten. Da muss es etwas geben. Irgendwas, was uns das als Leser sagen soll. Mir hat es sich noch nicht erschlossen. Ich fand das trotzdem sehr spannend.
Was den Spannungsbogen angeht, kann ich nicht viel sagen, weil wir es für den Unterricht lesen sollten und unsere Lehrerin der Meinung war, dass es eine gute Idee ist, die Handlung zu behandeln, bevor wir das Buch gelesen haben. Somit war ich stark gespoilert. Trotzdem wollte ich weiterlesen. Denn diese besondere Beziehung zwischen Mia und Kramer hat mich gefesselt und nicht wirklich losgelassen.
Nachdem wir jetzt verschiedene Aspekte genauer behandelt haben, glaube ich, das Buch besser im ganzen bewerten zu können. Meine ursprüngliche Meinung bleibt dabei erhalten. Es ist kein schlechtes Buch und es auch kein gutes Buch. Es ist ein Dazwischen Buch, das sich nicht entscheiden kann. Die Idee ist wirklich interessant und ich sehe auch, wohin Juli Zeh damit will. Wir haben uns bei der Behandlung nur die Kritik am Gesundheitswahn als Intention notiert. Ich denke da steckt noch mehr dahinter. Sie blickt in eine Diktatur. In ein System, was gar nicht so schlecht erscheint. Sie beschreibt Dinge, die man vielleicht schonmal gedacht hat (Solang man nichts zu verbergen hat, kann man doch xy über sich ergehen lassen) und kritisiert verschiedene Dinge. Worauf die Kramer/Mia Sache abzielt weiß ich nicht. Auch die Sache mit den Kupferrohren und Würmern ist mir noch immer nicht klar. Doch man merkt Juli Zeh meiner Meinung nach etwas zu stark an, dass sie etwas sagen will. Dass sie dabei noch beweisen will, wie gut sie mit Sprache umgehen kann, ist dabei nicht unbedingt gut. Es fühlt sich einfach an, als will Zeh große Literatur schreiben, anstatt dass sie es einfach tut. Ich finde das schwer zu beschreiben.
Wer Gesellschaftskritik ein wenig subtiler und mit mehr Witz und Intelligenz lesen will, sollte vielleicht mal Terry Pratchett versuchen. Er schafft das, was Juli Zeh versucht zu haben scheint, in Vollendung. Oder man greift gleich zu 1984.
Meine letzten Worte zu diesem Roman sind diese: er ist eine Zaunreiterin.