joni420 's review for:

Jenseits von Eden by John Steinbeck
5.0

Was für ein Meisterwerk! Der erste Teil des Romans hatte solch ein Affentempo, dass ich ihn gar nicht aus der Hand legen konnte, ja seit langem mal wieder ein Ich-komme-nach-Hause-und-muss-sofort-weiterlesen-Erlebnis hatte. Das Tempo nimmt er zwar nach einem guten Viertel wieder raus. Dann aber wird die Handlung einlullend, das Tempo mehr einer gründlich erzählten Geschichte angepasst, und nicht minder spannend.

Die mehrere Generationen umspannende Familienchronik schafft es dabei, humorvoll und mit unerwarteten Wendungen einen Sog zu entwickeln, wie ich ihn bei wenigen Büchern erlebt habe. Da fährt Steinbeck wohl einen Punkt gegen Thomas Manns durchaus tolle Buddenbrooks ein, was das Genre Familienchronik angeht.

Allerdings ist Steinbecks Geschichte schon eine "Männergeschichte". Es ist auffallend, wie er sich für den Großteil der männlichen Protagonisten Mühe gibt und Zeit nimmt, sie sorgfältig (und gelungen!) zu entwickeln, es für die weiblichen Charaktere allerdings gar nicht tut, abgesehen davon, dass Cathy eigentlich die einzige weibliche Persönlichkeit ist, die eine bedeutende Rolle neben einer Unmenge an Männern in der Romanhandlung hat. Cathys Entwicklung ist teilweise undurchsichtig, ihr Zorn gegenüber der Welt nur bedingt nachvollziehbar, wäre er doch plausibler, wenn er nur und ausschließlich gegen jene Männer gerichtet wäre. Alle anderen weiblichen Charaktere bewegen sich innerhalb des damals erwartbaren Frauenbilds, sind unoriginell. Wohlwollend könnte man wohl für Steinbeck argumentieren, er sei Opfer seiner Zeit. Andererseits denke ich, dass ein Schriftsteller mit diesem Weitblick schon in der Lage gewesen wäre, den weiblichen Charakteren mehr Tiefe zu verleihen.