A review by nettebuecherkiste
The Mammoth Book of Jack the Ripper by Maxim Jakubowski, Nathan Braund

5.0

Whitechapel, London, 1888. Morde sind in den Londoner Slums nichts Ungewöhnliches. Doch solche Morde? Jemand schneidet Prostituierten die Kehle durch und verstümmelt sie anschließend grausam. Vom Täter gibt es keine Spur. So plötzlich, wie die Morde begannen, hören sie auch wieder auf. Und noch mehr als 100 Jahre später lässt uns ein Name erschaudern. Wer war Jack the Ripper?

Dieses Buch habe ich vor einiger Zeit als Kindle-Deal des Tages erworben. Ich kannte zu diesem Zeitpunkt auch die Mammoth-Bücher noch nicht. Eigentlich hab ich es ja gar nicht mit Kriminalgeschichten. Aber diese Geschichte ist anders, der pure Gedanke an die Morde löst Gänsehaut bei mir aus. Wahrscheinlich, weil der Täter nie gefasst wurde und und es so unbegreiflich ist, was jemanden dazu treibt, Frauen regelrecht auszuweiden und… Ich erspare euch die Details. Dieser Mensch muss so krank gewesen sein, dass er faszinierend auf uns wirkt. Was ist im Leben dieses Menschen vorgefallen, was für eine Kindheit hat er erlebt, wie kann es sein, dass jemandem so etwas Befriedigung verschafft?

Das Buch bietet zunächst einen Überblick über die Ereignisse in Stichwortform. Ich habe irgendwo in einer Rezension gelesen, wie schlecht das geschrieben sei, nur kurze Hauptsätze usw. Äh, hallo? Muss ein stichwortartiger Überblick literarisch wertvoll sein? Es geht nur darum, dass der Leser erst einmal die harten Fakten kennt, bevor er sich mit den einzelnen Theorien befasst. Das Buch ist nämlich nicht das Werk eines einzelnen Autors, sondern verschiedene sogenannte “Ripperologists” stellen ihre Theorien vor. Die zu lesen hat mir wirklich großen Spaß gemacht, falls man bei diesem Thema von Spaß reden kann, ich will mal eher sagen, sie haben mich größtenteils fasziniert. Manche sind weniger glaubhaft, manche mehr. Recht überzeugend fand ich Carl Feigenbaum, William Henry Bury und Aaron Kosminski als Tatverdächtige. (Die Theorie über Feigenbaum kannte ich schon und fand sie vorher bereits ziemlich überzeugend.) Der erste Artikel über Joseph Barnett hat mich nicht überzeugt, da ich sein Motiv nicht ausreichend fand, doch im zweiten Artikel über ihn lief es mir dann eiskalt den Rücken herunter, und zwar wegen eines Details, auf das hier schwerpunktmäßig eingegangen wird: Noch bevor Joseph Barnett aus Mary Jane Kellys Unterkunft auszog, ging der Schlüssel verloren. Barnett und Kelly wussten, wie sie durchs kaputte Fenster greifen konnten, um so die Tür von innen zu öffnen. Und jetzt kommt es: Mary Jane Kellys Leiche wurde zunächst nur durch das Fenster entdeckt. Die Anwesenden konnten nicht direkt in das Zimmer, denn die Tür war abgeschlossen… Uaahhahahhahah! Da war wieder der Schauer!

Insgesamt bietet das Buch einen umfassenden Überblick über die im Laufe der Jahrzehnte aufgestellten Theorien und gibt dem Leser so die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen. Insofern hat das Buch sämtliche Erwartungen, die ich an es gestellt hatte, erfüllt. Ich fand es gerade gut, dass der Autor bzw. Herausgeber sich nicht auf eine Person festlegt, sondern allen Theorien einen Platz einräumt. Es werden lediglich Aussagen darüber gemacht, wie glaubwürdig die jeweilige Theorie insgesamt ist.

Das Buch ist daher eine absolute Empfehlung für alle, die ebenso wie ich vom Fall “Jack the Ripper” fasziniert sind. Aber eine Warnung vorweg: Das Buch ist keine geeignete Bettlektüre! Ohne Scheiß, schon abends auf der Couch bin ich bei der Lektüre bei jedem Geräusch zusammengeschreckt…