A review by homieloverfriendx
Der fürsorgliche Mr Cave by Matt Haig

3.0

In „Der fürsorgliche Mr Cave“ erzählt uns Matt Haig die Story eines von seiner eigenen Biographie geprägten Vaters und seiner Tochter Bryony, die er unter dem Deckmantel der Fürsorge überwacht und kontrolliert. Er lässt sich im Verlauf des Buches immer mehr von seinem Wahn leiten, bis er überhaupt keinen Draht mehr zu seiner Tochter hat. Die fehlende Beziehung treibt ihn aber nur noch mehr an, sie vor den Gefahren, die ihr seiner Meinung nach ständig und überall drohen, schützen zu wollen. Sehr offensichtlich leidet Mr Cave an einer (nicht explizit benannten) psychischen Krankheit, die ihn dazu verleitet, wilde und aggressive Dinge zu tun, die er teilweise selbst nicht versteht und auch nur teilweise bereut. Das macht es einem sehr schwierig, ihn zu mögen.

Ich liebe den Schreibstil von Matt Haig und die Themen, denen er seine Bücher widmet sowieso. Ich mag, wenn man sich ab der ersten Seite eines Buches direkt mitten im Geschehen befindet. Auch dieses Buch konnte ich also kaum aus der Hand legen und habe es fast in einem Schwung durchgelesen - teilweise lag das aber auch daran, dass ich das Buch als sehr verstörend wahrgenommen habe. Es ist in Briefform geschrieben und spricht die Leser:innen direkt an, sodass man sich fast auch schon wie ein Besitztum von ihm fühlt.

Gefehlt hat mir eine andere Perspektive auf die verschiedenen Situationen. Man erfährt viel über Bryony’s Leben, aber nie bekommen wir Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Meiner Meinung nach, hätte das das Buch um einen wichtigen Punkt erweitern können: Wie fühlt es sich an, von seinem eigenen Vater terrorisiert zu werden? Keinen Ausweg zu haben, seinem Peiniger nicht entfliehen zu können und sich ihm unterordnen zu müssen? Wie geht es Bryony eigentlich mit dem Verlust der Mutter, dem Zwillingsbruder und den immer extremer werdenden Regeln und Verboten? Natürlich kann man sich seinen Teil denken, aber ich hätte mir diese gegensätzlichen Storylines gewünscht. Tatsächlich hätte es mir, glaube ich, auch gereicht, wenn Bryony einen „Abschlusskommentar“ o.Ä. bekommen hätte. Einige Kommentare und Gedanken von Mr Cave klingen schon seeeehr nach emotionaler Inzest, was mich absolut angeekelt hat.

„Traurigkeit verlangsamt alles, presst dich ins Sofa und dehnt den Tag endlos in die Länge. Beim Leid ist das anders. Das Leid schleudert dich aus einem Flugzeug. Leid ist Schrecken in seiner konzentriertesten Form.“

„Dieses Mal würde ich dir zuhören, und du würdest mir alles anvertrauen, was du mir schon damals anvertraut hättest, wenn ich statt eines Tyrannen ein Vater gewesen wäre und dich auf die richtige Art und Weise geliebt hätte.“

3/5