A review by apfelkistenbuch
Wir hätten uns alles gesagt by Judith Hermann

4.75

"Geschichten schreiben heißt misstrauisch sein. Lesen heißt, sich darauf einzulassen. Jede Geschichte erzählt von einem Gespenst."

Atmosphärisch, besonders - und wahr. 
"Wir hätten uns alles gesagt" begann als Poetik-Vorlesung. Das Buch nimmt uns mit in Hermanns Kindheit -- in eine verstaubte Altbauwohnung, wo sie mit Mutter, einer verschlossenen Großmutter und dem depressiv-jähzornigen Vater (dem aber bei klassischer Musik die Tränen kommen) aufwächst. 
Raus aus Berlin und in ein Häuschen am Meer, in dem sie in kommunenhaftem Zusammenleben mit ihrer engen Freundin Ada und den jeweils eigenen Kindern schöne Sommer verbringt; in welchem Ada Wäsche aufhängt, und Judith fasziniert zusieht. 
Schließlich in eine Bar im Prenzlauer Berg, in der sie durch Zufall ihren Psychoanalytiker wiedertrifft. 
Mit einer bildhaften Sprache lädt Hermann die Leserschaft ein, einen Blick in ihr Leben zu werfen, in ein Leben voller intensiver Freundschaften, komischer Käuze und Verluste. 
Überraschend fesselnd und emotional - ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.