A review by isabella_reads
Das Leben der Elfen by Gabriela Zehnder, Muriel Barbery

3.0

Worum geht’s?

Die beiden Findelkinder Maria und Clara wachsen weit entfernt voneinander auf, entdecken aber beide mit der Zeit, dass sie besondere Fähigkeiten haben. Maria, die auf einem Bauernhof in Frankreich lebt, ist auf einzigartige Weise mit der Natur und den Tieren verbunden, spricht mit ihnen und versteht ihre Sprache. Clara, die in einem kleinen italienischen Bergdorf eine Ersatzfamilie gefunden hat, spielt wunderschön Klavier, ohne jemals Unterricht bekommen zu haben. Die beiden Mädchen haben sich nie kennengelernt, doch als das Reich der Elfen von dunklen Mächten bedroht wird, müssen sie sich gemeinsam der Gefahr stellen, um eine Katastrophe zu verhindern.

Meine Meinung

„Das Leben der Elfen“ war für mich das erste Buch von Muriel Barbery, daher kann ich keinen Vergleich zu ihren anderen Werken ziehen. Wahrscheinlich würde ich den nächsten Barbery-Roman aber auch erkennen, ohne den Autorennamen zu lesen, denn so einen einzigartigen, beeindruckenden Schreibstil bekommt man nur sehr selten zu sehen. Ich bin völlig in die Erzählung eingetaucht, weil die Autorin mit ihrer unglaublich poetischen Sprache die Gefühle der Figuren und die ganze Atmosphäre an einem Ort perfekt einfängt. Sie bedient sich dabei keiner leeren Phrasen, sondern wählt kraftvolle und außergewöhnliche sprachliche Bilder.

Allein schon weil er so wunderschön geschrieben ist, habe ich diesen Roman bis zu einem gewissen Grad genossen. Allerdings hatte ich oft Schwierigkeiten, zu erkennen, was an greifbarer Handlung sich hinter all den verschnörkelten Formulierungen verbirgt. Dass man ständig vage Andeutungen enträtseln muss, verlangt dem Leser viel Muße und Konzentration ab. So habe ich mich beim Lesen immer ein bisschen verloren gefühlt, weil vieles unklar bleibt und viel zu wenig erklärt wird. Zu verstehen, was gerade passiert, ist für mich jedoch die Voraussetzung dafür, dass sich überhaupt Spannung aufbauen kann. Mir war lange, eigentlich fast bis zum Schluss, nicht klar, wo die Autorin eigentlich mit ihrer Geschichte hinwill. Erst ganz am Ende habe ich wirklich mit den Figuren mitgefiebert, aber selbst das Finale hat mehr neue Fragen aufgeworfen als beantwortet.

Jedes Kapitel des Romans ist mit dem Namen einer Figur überschrieben, die darin (neben Maria bzw. Clara) besonders im Fokus steht. An sich finde ich die Idee wirklich gut, auf diese Weise bekommt man viele bewegte und berührende Lebensgeschichten zu lesen. Allerdings lässt das Konzept schon erahnen, dass man es als Leser mit einer Vielzahl von Personen zu tun bekommt, was wie in den meisten Fällen auch hier für Probleme sorgt. Ich muss gestehen, dass ich bis zum Schluss Schwierigkeiten hatte, die Figuren auseinanderzuhalten und vor allem nicht den Überblick über die Verwandtschaftsverhältnisse zu verlieren. Selbst das Figurenverzeichnis war hier nur bedingt eine Hilfe, außerdem ist das nur eine Notlösung, wenn auch eine gut gemeinte. Maria und Clara sind tatsächlich mehr geheimnisvolle, überirdische Wesen als greifbare Personen, ich habe nie so ganz einen Draht zu ihnen bekommen.

Fazit

In jedem Fall ein außergewöhnlicher Roman, sprachlich absolut beeindruckend, aber für meinen Geschmack zu diffus und mit einem zu großen Figurenensemble ausgestattet.