A review by lucardus
The City in the Middle of the Night by Charlie Jane Anders

2.0

Ich habe hier nach etwas mehr als der Hälfte abgebrochen. Ich konnte weder mit den Charakteren etwas anfangen noch hat mich das World-Building überzeugt. Es wird zwar immer wieder erwähnt, dass diese Welt sehr lebensfeindlich ist, und das ist ja auch die Prämisse des Buches, aber es wird nicht wirklich viel damit angestellt. Ein ähnliches Setting hat mich z. B. in Kim Stanley Robinsons Roman "2312" auf dem Merkur total mit Sense-of-wonder erfüllt, hier spüre ich als Leser nichts dergleichen. Die Lebensformen sind entweder mehr oder minder unvorhergesehen auftauchende Raubtiere oder dann von den Kolonisten verkannte, aber wohlwollende Intelligenzen, die sich sogar relativ einfach mit der Protagonistin verständigen können und damit auch gleich ziemlich am Anfang des Romans ohne viel Federlesen "entzaubert" werden. Man könnte argumentieren, Anders legt den Schwerpunkt auf das Innenleben der Protagonisten, aber auch das haut für mich nicht hin, ich bin emotional nur wenig an ihnen interessiert. Die autokratisch wirkende Gesellschaft in Xiosphant mit den strikt zeitgesteuerten Abläufen, wirkt auf mich nicht annährend so stimmig und bleibt nur eine Art Bühnenbild, es ergibt für mich keine Stimmung wie z. B. die bedrückende gesellschaftliche Atmosphäre in "Handmaid's Tale". Die Handlung selbst wirkt auch nicht spannend genug und nach einer gewissen Zeit eher wie von einer Ereignis-Liste abgehakt, als sei dies ein Pen&Paper Rollenspielabenteuer: Spieler dringen in eine Stadt ein als Schmuggler; Spieler müssen einem Aufstand mit brutaler Ordnungsmacht entkommen; Spieler müssen auf der Flucht diverse Begegnungen in der lebensfeindlichen "Wildnis" überstehen. Dann werden sie aus hoffnungsloser Lage gerettet, ohne dass mich das irgendwie überrascht hätte. Es geht weiter in der nächsten Stadt, die aber auch nur eine 08/15 Stadt ist und auch in einem beliebigen Fantasy-Roman als Hintergrund dienen könnte. Das alles zusammen hat mich dazu bewogen, den Roman hier abzubrechen. Möglicherweise wird später alles ganz toll, aber soweit will ich nicht mehr lesen, mir geht hier die Puste und auch die Geduld aus.