A review by thebreakfastbooks
Die Erfindung der Violet Adams by Lev AC Rosen, Hanne Hammer

3.0

Meinung:
Seltsame blecherne Erfindungen, die durch Dampfmaschinen zum Leben erwachen? Ein Mädchen, das auf seine Art und Weise gegen die von Männern regierte Welt protestiert? Und all das im viktorianischen Zeitalter in London? Klingt nach einer verdammt guten Kombination, die man sich nicht entgehen lassen sollte. „Die Erfindung der Violet Adams“ enthält all das und sorgte somit bei mir für besonders große Neugierde. Den starken 500 Seiten blickte ich voller Vorfreude entgegen, schließlich deutet der Klappentext auf eine abenteuerliche, lustige und vielleicht auch etwas skurrile Geschichte hin.

Wie es aber bei solchen Wälzern öfter der Fall ist, verläuft sich der Autor und so geht die Geschichte eher schleppend los. Um die Figuren kennenzulernen reichen allemal weniger Seiten und auch für eine Einführung in die Handlung hätte Lev Rosen sich kürzer fassen können. So erfährt der Leser nämlich nicht nur Violets Plan, auf die Wissenschaftsakademie zu kommen, und erlebt ihr Bewerbungsgespräch mit. Nein, all das wird ausgeweitet und noch mit Informationen über etliche Nebenfiguren erweitert, sodass man anfangs wirklich dranbleiben muss, um nicht gänzlich die Lust auf den Roman zu verlieren. Dabei ist die Idee des Autors, zwei große Klassiker zu kombinieren und ihnen eine eigene Würze zu verleihen, gar nicht so schlecht. Besonders ab der Mitte, wenn es dann richtig los geht und die Geschichte eine eigene Wendung bekommt. Dann wird „Die Erfindung der Violet Adams“ nämlich richtig packend, was wohl daran liegt, dass mehr und mehr Ereignisse aufeinander folgen, die Figuren durch ihre Gefühle etwas menschlicher werden und man endlich zu den mysteriösen Geschehnissen kommt, die auf dem Buchrücken angekündigt werden.

Auch wenn die Handlung manchmal etwas zäh ist – Lev Rosens Stil ist das nicht. Manchmal mag er etwas einfach sein, mit aneinandergereihten Hauptsätzen, doch insgesamt ist er angenehm zu lesen und mit allerlei ironischen und sarkastischen Bemerkungen sehr amüsant. An die vielen Perspektivwechsel muss man sich dennoch gewöhnen. Der Roman ist im personalen Erzählstil geschrieben und berichtet hauptsächlich über Violets Sicht der Dinge, doch oftmals gibt es auch Exkurse in die Köpfe anderer Figuren. Bei den Hauptfiguren ist das interessant, weil man verschiedene Motivationen nachvollziehen kann, doch unwichtige Nebencharaktere kommen auch hin und wieder zu Wort, was etwas störend wirkt.

Nichtsdestotrotz ist es größtenteils interessant, aus den verschiedenen Perspektiven zu lesen, zumal die Figuren nicht allzu typisch sind. Violet ist eine eher unkoventionelle Protagonistin mit ihrer Faszination für Mechanik und Erfindungen und ihr Selbstbewusstsein bringt den Leser hin und wieder zum Schmunzeln. Ihr Bruder Ashton und ihr Freund Jack sind derart unbeschwert, dass man ihnen im Buch gerne begegnet, während Ernests Selbstzweifel Mitleid erregen. Manchmal sind die Figuren jedoch etwas zu einfach gestrickt; etwas zu gutmütig oder zu leicht zu berechnen. Ein wenig mehr Komplexität hätte ihnen und der Geschichte sicherlich nicht geschadet, denn so hätte der Autor dem Roman noch mehr Pfiff geben können.


Fazit:
„Die Erfindung der Violet Adams“ ist lustig, unterhaltsam aber manchmal auch sehr zäh. Der gut zu lesende Schreibstil macht die sich ziehende Handlung aber ertragbar und auch die Figuren können weitestgehend überzeugen. Restlos begeistert bin ich von Lev Rosens Roman trotzdem nicht, denn der Klappentext lässt einen mehr erwarten. Man sollte auf jeden Fall etwas Geduld mitbringen, wenn man mit Violet Adams ins London des 19. Jahrhunderts reist!