camillamacaulay 's review for:

Der Vorleser by Bernhard Schlink
4.5

Das Buch hat so unglaublich viele Facetten und ich finde es zeigt besonders gut, wie schwer es Opfern von Missbrauch fällt den Missbraucher als solchen anzuerkennen, besonders wenn der Missbrauchte minderjährig war als es passiert ist. Fands auch so interessant, wie das Buch darüber gesprochen hat, wie schwer es für Kinder ist in deren Eltern einen Täter zu sehen bzw sie anzuschuldigen und die Liebe die man für seine Eltern hat von den schlechten Aspekten ihres Charakters oder dem was sie vielleicht getan haben zu trennen. Es gibt auch so viele gedankenanregende Zitate zB "Ich habe versucht, mich damit in den Zustand der Unschuld zu reden, in dem Kinder ihre Eltern lieben. Aber die Liebe zu den Eltern ist die einzige Liebe, für die man nicht verantwortlich ist.", wo Michael über seine Liebe zu Hanna spricht. Auch der Vater von Michael, ein Philosoph, der so viel Zeit mit Denken verbringt, dass er oft seine Familie dabei vergisst, ist so ein interessanter Charakter, ">Du kannst jederzeit kommen<. Mein Vater sah mich an. Ich glaubte ihm nicht und nickte.".
Da Michael bei dem Holocaust Prozess so hin- und hergerissen war, blieb Bernhard Schlink immer relativ neutral was das Anklagen betrifft, was die Leser praktisch dazu zwingt selbst darüber nachzudenken.
Es gibt noch soo viel mehr über "Der Vorleser" zu sagen, aber ich glaube es ist eines von denen Büchern, die man mehrmals lesen muss, bis man seine Gedanken richtig sortiert hat und ich glaub auch, dass man je älter man wird und je öfter man es liest immer was anderes aus der Geschichte herausholt.