A review by pascalthehoff
Vernichten by Michel Houellebecq

3.0

Eine unerwartet persönliche Geschichte, in der sogar die Terrorkrise globalen Ausmaßes gegenüber der Late-Life-Crisis des Protagonisten zurückstecken muss. Es scheint beinahe, als hätte Houellebecq in diesem Spätwerk beim Schreiben allmählich das Interesse an seiner eigentlichen Grundidee verloren – was wunderbar die friedvolle Resignation der Hauptfigur widerspiegelt.

Ich kam für eine kritische Momentaufnahme des gespaltenen Frankreichs und blieb für... ja, wofür eigentlich? Die vermeintlich belanglosen, zwischenmenschlichen Elemente überlagern die Rahmenhandlung so sehr, bis sie selbst zum Zentrum des Plots werden: Altenpflege, Langzeitehe, plötzliche Krankheiten – Probleme dieser Art. Vernichten zeigt also einen "High-Concept-Autor", der seinen messerscharfen Blick plötzlich alltäglichen Dingen widmet. (Was den Quarzkopf Houellebecq jetzt nicht auf ein höheres Podest stellen soll, als er es verdient...)

Der Protagonist ist weiterhin niemand, mit dem man nach dem Lesen noch ein Bier trinken will. Doch verstärken seine vielen Makel die Glaubwürdigkeit seiner tiefgründigen Gedanken über das eigene, belanglose Leben. Starke Main-Character-Energie für alte weiße Männer; in diesem Fall aber mit Daseinsberechtigung, weil sehr gut eingefangen. Ob es dafür 600 Seiten brauchte, ist die andere Frage.

Entgegen seines Titels versöhnt Vernichten gespaltene Figuren im intimen Rahmen. Es ist damit ein überraschend non-toxischer, optimistischer Roman, der davon profitiert, dass seine Charaktere nie geschönt oder idealisiert erscheinen.