A review by lucardus
Too Like the Lightning by Ada Palmer

4.0

Hier ist wieder ein Fall, bei dem der Leser der Autorin intellektuell klar unterlegen ist, zumindest was Philosophie und Geschichte angeht. Ich bin sicher, dass ich nach einem Reread hier den 5. Punkt geben kann, momentan verweigere ich den, da ich stellenweise zu verwirrt war, um alles auseinanderzufädeln. Nicht nur, dass einige Personen den selben Namen tragen, es trägt auch nicht zur Übersichtlichkeit bei, dass geschlechterspezifische Merkmale in der Gesellschaft verpönt sind, so dass man eine andere Person mit "they" bezeichnet und sich das "he" oder "she" nicht gestattet, zuweilen weiß man es auch nicht. Ebenso verpönt ist die offene Ausübung einer Religion, es gibt Sensayer, die in allen denkbaren Religionen (und Sekten/Kulten) bewandert sind und den Menschen zur Seite stehen als eine Art Therapeut und Gesprächspartner in theologischen Fragen. Die Menschheit hat die Nationen aufgegeben, man trägt bestenfalls noch ein Armband oder ein kleines Zeichen seines Strats, seiner Nation, gehört aber einem Hive, einem "Stock" an, der einer bestimmten Philosophie angehört. Dazu kommt, dass man sich einem der drei "Laws" anschließt, wobei man zwischen White (strenge Gesetze), Grey (moderate, liberale Gesetze) und Black (sozusagen gesetzlos) entscheiden kann. Dies wird durch einen Schal kenntlich gemacht.

Ich muss Too Like the Lightning sicherlich noch einmal lesen, um die Feinheiten zu verstehen, denn zunächst ist man einfach so überflutet von den Begriffen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Und wer sich in Philosophie und Geschichte auskennt, findet hier sicherlich deutlich mehr Freude.

Trotz der streckenweise Verwirrung, dem komplizierten Plot und der ungewöhnlichen Erzählart (es gibt einen Ich-Erzähler und zuweilen einen imaginären Leser, der den Ich-Erzähler rügt, ob seines Erzählens), ist das einer der interessantesten SF-Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Wer sich etwas Kopfweh beim Lesen zutraut und einen gewissen intellektuellen Anspruch beim Leser genießt, wird hier bedient. Leider endet das Buch an einem Cliff-Hänger, der den zweiten Band erfordert. Und den werde ich sicherlich lesen.

Aber erst nach einer Erholungspause. Ada Palmer ist eine der interessantesten neuen Stimmen auf dem Gebiet der SF. Leseempfehlung! Mehrfache, damit man alles kapiert. Ein Durchgang reicht bei mir jedenfalls nicht.