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A review by jonathanelias
Eileen by Ottessa Moshfegh
Super. Liebe diese Schriftstellerin. So gut psychologisch portraitiert, innovative Erzählform (50 Jahre ältere Hauptprotagonistin). Antiheldin kommt immer gut.
Den Gefängnisdirektor, einen stumpfsinnigen und brutalen Mann, beschreibt Eileen so: "Er hatte ein dickes, rotes Gesicht mit einer riesigen Nase und kleinen Schweinsäuglein, aber es war so gepflegt, so militärisch sauber, dass ich ihn seltsamerweise attraktiv fand." Solche Sätze stehen auf jeder Seite. Moshfegh beginnt mit einem Klischee, um in letzter Sekunde das altbekannte Bild doch noch interessant zu machen.
An den entscheidenden Stellen schreibt Moshfegh kalt und prägnant. Wenn es um das kaputte und hasserfüllte Verhältnis zu ihrem Vater geht, erzählt Eileen, wie sie ihn aus seiner Stammkneipe abgeholt hat, damals besuchte sie noch die Highschool: "Er legte mir den Kopf auf die Schulter und lallte, dass ich ein gutes Mädchen sei, dass er mich liebhabe, wie leid es ihm tue, dass er mir kein besserer Vater sein könne. Anfangs war ich gerührt, aber dann ließ er seine Hand auf meinen Busen rutschen. Ich habe das nie jemandem erzählt." Sätze wie Leberhaken.
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Ottessa Moshfeghs Roman "Eileen" hat Rezensent Elmar Krekeler aus den Socken gehauen. Denn die in den Sechzigern spielende Geschichte um die vielfach missbrauchte Eileen, die auf einem Dachboden haust und bei ihrer Arbeit im Jugendknast auf Menschen trifft, denen Ähnliches widerfahren ist, ist so abgründig und "finster", dass selbst Hitchcock den Hut gezogen hätte, meint der Kritiker. Mehr noch: Wie Moshfegh in diesem Noir vom "White trash avant la lettre" erzählt, ebenso ernsthafte, zugleich spielerische und lange nachhallende Sätze in die Welt wirft und mit Klugheit und atemberaubender Genauigkeit "erzmännliche Erzählmuster durch alle Genresäurebäder jagt", ringt dem Rezensenten größte Anerkennung ab. Von Moshfegh wird man noch einiges hören, glaubt Krekele