4.0

Wieder eine sehr schöne und gelungene, düstere Märchenadaption.
Ich mochte vor allem die Art, wie die Gesellschaft dargestellt und gewertet wird. Durch Amelias Augen sehen wir, wie viel im 19. Jahrhundert falschgelaufen ist (Sklaverei, Frauen als "Eigentum" des Mannes etc.) und wie dumm diese ganzen menschlichen Maßstäbe doch sind. Heute wissen die meisten Menschen (hoffentlich) wie krank und falsch das alles ist, doch es ist trotzdem erschreckend, dass es einmal so war und es aus der Sicht einer der Gesellschaft fremden Person zu lesen und zu verurteilen Ich fand es besonders angenehm zu lesen, wie Amelia Barnum immer wieder die Stirn bietet und gar nicht daran denkt, sich unterzuordnen. Barnum war meiner Meinung nach ein widerlicher Charakter, der nur daran denkt seinen Willen zu bekommen und dabei anderen möglichst viel Geld abzunehmen. Generell sind fast alle Männer in dieser Geschichte arrogante, selbstherrliche Drecksäcke, Ausnahmen waren nur Jack und Levi, wobei letzterer teilweise auch in dem damaligen Denken feststeckt und nur Amelia zuliebe zu Kompromissen bereit ist.
Amelia wiederum ist eine unglaublich coole Hauptfigur, die große Träume und Ziele hat und leider von der Menschheit ziemlich enttäuscht wird. Das fand ich auch den coolsten Punkt an der Geschichte: wie sie langsam merkt dass das Leben als Mensch vielleicht doch nicht so toll ist, weil es ihr so viele Freiheiten nimmt und dafür mit gesellschaftlichen Erwartungen überhäuft.
Was Blut und Horror betrifft, ist dieses Buch nicht so düster wie die bisherigen Chroniken, dafür bedrückt einen diese Geschichte psychisch. Die Handlung nimmt einen in einer Abwärtsspirale gefangen, von der man weiß, dass es nicht gut enden wird, aber trotzdem nicht aussteigen kann. Glücklicherweise bietet die Geschichte jedoch ein für Amelia akzeptables Ende (was nach dem Buch passiert, dürfte jedoch wieder deutlich bedrückender werden, denn ich denke es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Glück, das sie am Ende findet, sein Ende nimmt.
Insgesamt gefiel mir das Buch wieder sehr gut, vor allem durch den Tiefgang der Geschichte und die Gesellschaftskritik.