A review by mspilesofpaper
Ravna - Tod in der Arktis by Elisabeth Herrmann

1.0

TW: Erwähnungen von Vergewaltigungen und Selbstmord, Andeutung einer sexuellen Beziehung zwischen einer Minderjährigen (17) und einem Erwachsenen (30+), Alkoholmissbrauch

Mein größtes Problem mit diesem Buch ist eindeutig die Tatsache, dass die Autorin (und das Verlagshaus) der Ansicht war, dass es okay ist eine Hauptfigur zu schreiben, die einer kulturellen Minderheit - der Samen - angehört, und das ganze Buch aus ihrer Sicht zu schreiben. Da die Morde auch sehr viel mit der samischen Kultur zutun haben, finde ich das noch viel kritischer. Das ist cultural approbiation. Und alles nur, weil die Autorin im Urlaub in der Region war. Es tut mir leid, aber ein Urlaub in der Region, ein Besuch des lokalen Museums und paar Gespräche mit Samen, wenn man wieder in München ist, sorgt nicht dafür, dass man auf einmal Experte ist.


Leider war die ganze Geschichte und die Morde auch sehr ... langatmig. Bis zur Hälfte des Buchs hat man das Gefühl, dass man nur auf der Stelle tritt und nichts passiert. Es hilft leider auch kein Stück, dass die Autorin andauernd die Polarnacht beschreibt oder die Umgebung (was sie gefühlt schon vorher 5x gemacht hat) oder Wetterprognosen gibt. Nach so 50% - 60% kommt es alles bisschen ins Rollen um am Ende in den letzten 10% abgeknuspert zu werden. Das Pacing der ganzen Geschichte ist also unheimlich ungleichmäßig.

Mit den Figuren konnte ich mich leider kein Stück anfreunden. Ravna schwankt zwischen "ich bin strunzdumm" und "ich bin die Hellste", Thor müsste in Therapie und mal ein Machtwort gesprochen bekommen (was nie passiert, weil er ja ein so toller Ermittler ist) weil er alkoholkrank ist, die restlichen Polizisten sind wirklich dargestellt wie die dümmsten Männer überhaupt. Wenn man sich eine Karikatur eines Polizisten vorstellt, dann passen alle da rein. Der Rest der Dörfler ist leider auch nicht wirklich besser.
SpoilerEs war auch kein großes Geheimnis oder keine Überraschung, dass Ravna's Schwester Selbstmord begangen hat.


Im Grunde ist es ein Buch was zu viel will. Es will den Konflikt Norweger vs. Samen erklären, es will die samische Kultur und Religion erklären, es will die Lebenssituation der Samen (Vergangenheit wie Gegenwart) erklären. Es will die persönlichen Auswirkungen von Utøya zeigen. Ganz nebenbei will es noch ein Krimi-Thriller sein und zudem das "coming of age" Thema einbringen.