A review by schreibratte
Das Imperium by Andreas Brandhorst, Kevin J. Anderson, Paul Youll

4.0

Ich wollte mehr Science Fiction lesen, am besten nicht zu techniklastig, sondern eher Richtung Space Opera, was mich für den Einstieg nicht überfordert. Ich bin ein Fan von langen Reihen und dicken Büchern und habe kein Problem mit ausufernden Beschreibungen, Wiederholungen und plotgetriebenen Werken, in denen Charaktere im Hintergrund stehen. Kurz gesagt: daher war "Das Imperium" ziemlich perfekt für mich.

Ich habe das Lesen genossen und kann es kaum erwarten, Band 2 in den Fingern zu haben. Die Vielzahl der Charaktere, die Weite der Welten im Spiralarm, der Einfallsreichtum bei Völkern, Techniken, Rassen ... und noch dazu ein sich anbahnender Konflikt, der sehr viel Stoff verspricht und dessen Auflösung ich bislang nicht erahnen kann. Geheimnisse um untergegangene Zivilisationen und Neuentdeckungen im All, die bislang noch unerforscht sind, spielen ebenfalls dazu.

Andererseits gibt es auch so einige Faktoren, die zu den obigen Einschränkungen führen und dafür sorgen, dass ich dieses Buch und diese Reihe wohl niemanden in meinem Umfeld empfehlen würde. Der Grad zwischen "ausführliche Beschreibungen" und "langatmig" ist schmal und wird von jedem anders gewichtet. Wer spannungsgeladene Action sucht, wird hier enttäuscht, ebenso der, der sich im Genre gut auskennt, weil viele Wiederholungen dann vermutlich nur lästig sind. Mir haben sie dagegen geholfen, das Gefüge und die vielen Charaktere besser einordnen zu können.

Überhaupt, der Stil und die Charaktere: es sind lauter winzige Kapitel aus unterschiedlichen Sichtweisen, aber sie POV-Charaktere zu nennen ist für mich falsch. Immer wieder werden doch allwissende Elemente eingestreut. Und die Charakterisierungen sind das, was mich häufig wirklich zusammenzucken ließ. "Der attraktive Erstdesignierte" ... "die attraktive Cesca" ... ungefähr in der Art werden alle Informationen über die Protagonisten verpackt. Ihre Liebesgeschichten im Übrigen auch (zum Glück gibt es davon nicht so viele.)
SpoilerRomantische Annäherung gibt es eigentlich nur zwischen Jora'h und Nira - die viel zu lange umeinander herum tanzen und dann endlich ihre Affäre beginnen - und Cesca und Jess, was aber unerfüllt bleibt. Das hauptsächliche Paar ist für mich Margret und Louis Colico, die ein wundervolles Ehepaar sind. Hier, wo Anderson keine Annäherung schreiben musste, sondern ein seit Jahren verheiratetes Paar, ist es ihm wesentlich besser gelungen, die Chemie zwischen den beiden darzustellen. Das ist ansonsten eindeutig ein Schwachpunkt von ihm.


Besonders fasziniert hat mich das verschwundene Volk der Klikiss. Die Xenoarchäologen und überhaupt alles, was mit ihnen zu tun hatte, waren meine liebsten Passagen. Es gibt sicher noch andere Rätsel, andere verschwundene Rassen, aber das hier war, was mich am meisten gereizt hat.

Ein kleines negatives Wort noch zur deutschen Ausgabe: ich überlese eigentlich fast alles, aber wenn sogar mir Fehler auffallen, dann spricht das nicht unbedingt für das Buch ...