A review by kathrinpassig
The Carhullan Army by Sarah Hall

3.0

Das Positive zuerst: Alle Sätze waren schön, dafür ist der dritte Stern. Inhaltlich habe ich mich von Anfang bis Ende geärgert. Die Protagonistin flieht aus einer blöden Dystopie in eine noch blödere Utopie. Die Dystopie besteht vor allem daraus, dass man leben muss wie in einem britischen Roman aus dem frühen 20. Jahrhundert, in dem Die Massen verachtet werden: Sie leben wie die Kaninchen in engen Mietskasernen! Sie essen aus Konservendosen! Sie arbeiten in der Fabrik! (einer komplett unspezifischen Fabrik, Hauptsache Fabrik). Die Utopie ist Das Ehrliche, Authentische Landleben™, bei dem man nach einem langen Tag beim Torfstechen erst so richtig merkt, wie verkehrt das andere Leben mit den Konservendosen war. Die Nachteile dieses postapokalyptischen Landlebens werden nur am Rande gestreift, ok, es ist also nicht so gut geheizt und man kann immer nur kurz und lauwarm duschen, aber sonst ist alles bestens, keine Kindersterblichkeit, reichlich zu essen, gute Laune. 65 Frauen leben auf engstem Raum zusammen und sind dabei allzeit kooperativ. Nebenbei handelt es sich um einen gewalttätigen Prepper-Kult, der in jedem anderen Kontext als Utopie extrem erklärungsbedürftig wäre (dazu mehr in dieser Rezension). 90% des Buchs sind worldbuilding, 10% sind so was Ähnliches wie Handlung, wobei die Haupthandlung immer übersprungen wird. Ich fürchte, die Autorin ist mal zu Fuß zu einem von Frauen bewirtschafteten Bauernhof im Lake District gegangen und hat dort selbstgemachtes Lavendeleis gegessen, und das ist jetzt die Folge.

Aber die Sätze waren schön.