A review by darioschmidt
The Ambassadors by Henry James

1.0

Gott sei Dank! Es ist vorbei!

Vergesst Joyce!
Vergesst Woolf!
Vergesst Faulkner!
Mein Endgegner heißt Henry James.

500 Seiten später bin ich weder klüger, noch fühle ich mich auf irgendeine erdenkbare Weise bereicherter, als ich vor Beginn der Lektüre war.

James versteht es wirklich meisterhaft mit einer noch nie so gelesenen Akribie Belanglosigkeiten und Gemeinplätze mit literarischen Satzgirlanden auszukleiden, was irgendwie zur Folge hat, dass ich das Buch ehrlich gesagt noch nicht einmal für schlecht befinden kann.

Ja, ich halte es für ermüdend.
Ja, ich halte es für streckenweise unlesbar.
Und ja, ich glaube bei der Lektüre von James wird man vor allem seine Frustrationstoleranz mal ordentlich belasten können. Aber schlecht ist der Roman nicht.

Wirklich überzeugend ist er aber ebensowenig.
500 Seiten lang tritt man als Leser in Kontakt mit siluettenhaft umrissenen Charakteren und wird Zeuge von "psychologisch feinen" (d h völlig gequält verkünstelten) Dialogen, die ein Nix von Handlung versuchen zu umkleiden.
Stilistisch eine Mischung aus Hegel und Tschechow. Dazwischen wird auch mal gerne getrost aneinander vorbei geredet, was aber auch nur ein Pfeil unter vielen in James Köcher ist, die er gerne auf sein Romanpersonal losfeuert, um die ohnehin sehr bemühte Konversation zu erschweren.
Und auch den oft heraufbeschworenen Sprach-Rythmus hab ich ehrlich gesagt nicht gefunden / genossen.

James kriegt sicherlich noch eine Chance von mir, aber ich hoffe sehr, dass es noch sehr lange dauern wird, bis ich wieder mit seinem Spätwerk konfrontiert werde.