A review by missbookiverse
Sprache und Sein by Kübra Gümüşay

4.0

Ich dachte ja in dem Buch würde es viel mehr um Sprache und wie sie unser Denken beeinflusst, gehen, so in Richtung kognitive Linguistik. Wieso? Na ja, vielleicht weil der Titel, der Klappentext und die Einführung genau darauf hinweisen. Ist dann aber gar nicht so. Um Sprache geht es zwar immer wieder, aber nicht in jedem der 10 Essays, und oft nur am Rande. Das fand ich etwas schade, aber das was ich stattdessen bekommen habe, hat mir auch richtig gut gefallen.

Kübra Gümüşay erzählt vor allem von Diskriminierung, sie mischt Forschung und Zitate mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen und kreiert so einen angenehmen Lesefluss, dem ich gern gefolgt bin, auch wenn ich über die Integration mancher Beispiele gestolpert bin, weil sie sich mir nicht so flüssig erschlossen haben wie der Rest ihrer Worte. Nichtsdestotrotz konnte mir das Buch einige Denkanstöße geben. Wieso widmen wir (bzw. muss ich mich da fast von ausschließen, weil ich höchstens aufgrund meines Geschlechts diskriminiert werde) Hassredner*innen so viel Raum, Zeit und Aufklärarbeit, die wir eigentlich in unsere eigenen Projekte und Entwicklung stecken könnten? Wieso sagen wir immer noch Homo- oder Islamophobie, wenn damit schon längst eine Feindlichkeit gemeint ist und nicht der Übersetzung nach Angst? Außerdem finde ich es erschreckend, wie schleppend sich der öffentliche Diskurs über manche Themen z.B. in Talk Shows im Abendprogramm verändert bzw. es nicht tut und nach wie vor schädliche Debatten anfeuert. Gerade in Bezug auf die US-Wahlen letzte Woche hat mich der Input des Buches auch in meinem Alltag weiter begleitet und ich habe den regen Austausch mit @thebreakfastbooks dazu genossen.

Einen kleinen Kritikpunkt hätte ich noch: aus irgendeinem Grund wird im Buch nicht durchgehend gegendert. Ich vermute das ist ein Versehen, ist aber gerade bei der Thematik der Essays eher unglücklich.