A review by missbookiverse
At the Wolf's Table by Rosella Postorino

2.0

Das Essen mit Hitlers Vorkosterinnen war meine schlechteste Mahlzeit seit Langem. Vielleicht weil ich mir unter den Gerichten etwas anderes vorgestellt hatte, nämlich, dass es viel mehr um die verschiedenen Frauen geht, die in der Wolfsschanze jeden Tag zusammenkommen und ihr Leben für den Führer riskieren müssen. Ich dachte, auf den Tisch kämen verschiedene Loyalitäten (Hitler gegenüber und untereinander) und wechselnde Gruppendynamiken, aber stattdessen wurde mir serviert, wie Protagonistin Rosa durch ihren neuen Alltag stolpert und sich der Frage der (Mit)schuld stellt. Dabei hat es lange gedauert bis Rosa für mich überhaupt greifbar wurde und als es endlich soweit war, musste ich feststellen, wie unsympathisch sie mir aufgrund ihrer selbstbezogenen Art ist.

Mein größtes Problem war allerdings der Schreibstil (möglicherweise auch die Übersetzung aus dem Italienischen). Ich hatte ständig das Gefühl, die Autorin hätte da etwas zubereitet, für das ich keine ausgebildeten Geschmacksknospen besitze. Manche Gedankengänge konnte ich partout nicht nachvollziehen: Wie kommt Rosa darauf? Wie meint sie das? Wieso denkt sie so? Viele Sätze und Szenen wirken abgehackt und leicht zusammenhangslos. Dazu tummeln sich die unnötig bedeutungsschweren letzten Sätze, bei denen ich oft nur ihre Dramatik gespürt, ihren Inhalt aber nicht verstanden habe. Mit Vorliebe beschreibt die Autorin außerdem Geschehnisse so vage, dass ich denke, ich hätte etwas überlesen, dabei führt sie es mit Absicht erst ein paar Absätze später genauer aus. Und dann wechselt ab der Hälfte plötzlich immer wieder die Fokalisierung zu anderen Figuren, obwohl wir uns in Rosas etablierter Ich-Perspektive befinden. Soll das bedeuten, dass Rosa sich deren Gedanken nur vorstellt oder soll das als Kunstgriff durchgehen?

Ich will gar nicht sagen, dass At the Wolf’s Table generell schlecht gewürzt (oder schlecht übersetzt) ist. Ich glaube aber, dass es nur einen ganz gewählten Geschmack anspricht, dem ein anspruchsvoller, künstlerischer Schreibstil der speziellen Sorte mundet.