A review by tinido
Phytopia Plus by Zara Zerbe

emotional hopeful reflective sad slow-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? Yes
  • Diverse cast of characters? Yes
  • Flaws of characters a main focus? It's complicated

4.25

Hamburg in 20 Jahren: Die Stadt versinkt langsam im Schlamm, viele Tiere und Pflanzenarten gibt es nicht mehr, im Sommer brennt die Sonne herunter, die soziale Spaltung der Gesellschaft in Bessergestellte und Habenichtse ist noch viel extremer als heute. Gemüse und Obst sind Luxus-Produkte, bio-technologische Forschung wird nicht zur Verbesserung der Lebensumstände von allen genutzt, sondern für irgendwelchen elitären Schnickschnack, um die Todesangst im Angesicht der Klimakatastrophe und der sinkenden Lebenserwartung auch von Bessergestellten zu bekämpfen: Die eigenen Erinnerungen und Gedanken auf einen bionischen Speicher schreiben, der dafür ins Gehirn implantiert wird, und dann auf eine Pflanze übertragen wird. Das alles passiert im Drosera-Konzern: Hier arbeitet auch die Protagonistin des Romans als Hilfsgärtnerin. Der Roman erzählt ein paar Monate in ihrem Leben, in denen sie mehr oder weniger zufällig den Konzern sabotiert, weil sie eine Karriere als Pflanzen-Schwarzmarkthändlerin beginnt. Man lernt ihren Opa kennen, ihre Schulfreund*innen spielen eine Rolle, die Arbeitskollegen. Zerbe schreibt das, als wäre das ein realistischer Roman aus dem leben einer 20something aus der Unterschicht, aber eben in einer zusammenbrechenden Welt. Das hat dabei gar nix spektakuläres, es hat sogar was von cozy slice of life-sf, wie Becky Chambers, aber eben als deutsche Gegenwartsliteratur. Sehr schick ist die Idee, den Stream of Conciousness der Pflanzen selbst abzubilden, das hätte für meinen Geschmack noch mehr sein dürfen. 
Ein wirklich gelungener Roman. Kann man jedem empfehlen, der gerne Speculative Fiction liest, vom Label Deutsche Gegenwartsliteratur braucht man sich nicht abschrecken zu lassen.