A review by imaginary_space
Pantopia by Theresa Hannig

hopeful informative slow-paced
  • Plot- or character-driven? Plot
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? No
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? No

2.5

"Wie viele Probleme der Welt möchtest du in deinem Buch lösen?" - "Ja."
So oder so ähnlich klang wohl das Gespräch zwischen Theresa Hannig und ihrer Verlegerin.

Dementsprechend ist Pantopia leider auch überfrachtet mit Themen, denn die Autorin möchte sie alle auf einmal lösen. Vieles davon wird auch in einigen Jahren noch aktuell sein, manches nicht. Pantopia ist also eher ein Roman für unsere Zeit, ein Anspruch, den das Buch absolut erfüllt.
Es ist extrem gut recherchiert, hier ziehe ich meinen Hut nicht nur vor dem Arbeitsaufwand, sondern auch vor der Intelligenz, die eindeutig im Text steckt. Die präsentierten Lösungen sind alle glaubwürdig, auch wenn ich nicht alle realistisch fand. Das ist sicher ein geringeres Problem für Personen, die noch idealistischer sind als ich.

Leider macht dieser Drang, Lösungen für alle Probleme auf einmal zu präsentieren, das Buch auch - in meinen Augen - recht seelenlos. Der Text wirkt nie belehrend oder von oben herab, es wird aber deutlich, dass die präsentierten Ideen der Autorin sehr wichtig sind - was nichts Schlechtes ist.
Ich denke allerdings, Pantopia wäre in einem anderen Format ein besseres Buch geworden. Entweder als Nonfiction/Sachbuch, als reine Präsentation einer Idee, ohne umrahmende Geschichte. Oder als Sammlung von Essays, welche die Themen einzeln betrachten und am Ende in einem großen Lösungsraum zusammenführen. Ich glaube, diese Art Text hätte ich lieber gelesen als den Roman Pantopia, den ich mehrfach abbrechen wollte.

Die Geschichte zieht sich ganz schön und hätte sicher um 20% gekürzt werden können. Wir steigen direkt ein mit einem langen Kapitel Exposition und Welterklärung, was nicht meinen Geschmack trifft. Danach wird die Protagonistin als "not like the other girls" Girl vorgestellt, was ich nie mag, in einem utopischen Buch aber besonders fehlplatziert finde. Leider bekommt sie dann auch im Verlauf der Geschichte Momente, in denen sie sich von ihren Gefühlen davon ablenken lässt, was richtig oder notwendig ist.
Die beiden Protagonisten und die anderen Personen im Buch wirken wie gut durchdachte Charaktere, leider haben sie zwischen den vielen Ideen keinen Raum, sich zu entfalten und bleiben so reine Vehikel, zu denen ich nie eine emotionale Bindung aufbauen konnte. Ihre pro-forma Charakterentwicklung wirkt dann auch gezwungenermaßen eingestreut und hätte daher wegen mir weggelassen werden können, denn so zieht sie das Buch nur unnötig in die Länge und nervt stellenweise.

Die KI fand ich halbwegs realistisch, auch wenn der Realismus gelegentlich zurücktreten musste, wenn die Autorin mal wieder ein langes Gespräch (von denen es viele gibt) einbauen musste, in dem ein Thema moralisch beleuchtet und auch gleich die Lösung präsentiert wird.
Warum eine KI, die Zugriff auf sämtliche Bücher und Social Media-Kanäle der Welt hat, nicht weiß, was Geographie ist, was Orte und Entfernungen sind oder was der Unterschied zwischen physischer und digitaler Welt ist, konnte ich mir z.B. nicht beantworten.

Ich habe den Eindruck, Pantopia weiß nicht so richtig, was es sein möchte, oder möchte zu viele Dinge auf einmal sein. 
Es sehr viel geredet. Und man hat das Gefühl, die Autorin spricht mit der Leser:in. Dabei wirkt sie nicht überheblich, aber es ist eben auch nicht spannend. Jedes Problem wird beleuchtet und es wird direkt die moralisch korrekte Lösung dafür präsentiert, keine Fragen bleiben offen. Die Handlungen aller Charaktere werden erklärt, oftmals durch diese selbst. Am Ende habe ich die Geschwindigkeit des Hörbuchs noch weiter erhöht, weil ich bei jedem neuen Gespräch heftig mit den Augen rollen musste, aber auch nicht abbrechen wollte, weil ich nun schon einmal so weit gekommen war.

Insgesamt war mein Hörerlebnis durchwachsen. Ich habe großen Respekt vor dem, was die Autorin hier geschaffen hat. Aber als Roman fand ich es nicht gut.

Es wäre sicher interessanter gewesen, das Buch rein aus der Perspektive von Einbug zu erleben, ohne dass alles bis ins letzte Detail beleuchtet, durchgesprochen und erklärt wird. Das kann man den Leser:innen ruhig zutrauen, auch dem Young Adult-Publikum, an das sich das Buch zumindest teilweise richtet. Theresa Hannig hat sich dafür entschieden, ihnen alles zu erklären, damit sie es auch ja verstehen.