mira123's reviews
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Scheiß auf Selflove, gib mir Klassenkampf: Eine neue Kapitalismuskritik by Jean-Philippe Kindler

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4.0

 
Wenn ihr diesen Blog lest, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr ähnlich denkt wie ich, und in der ersten Sekunde total verwirrt von diesem Titel sind. Wie sollen denn bitte Selflove und Klassenkampf zusammenhängen? Aber naja, um uns diesen Zusammenhang zu erklären, dafür ist ja Jean-Philippe Kindler da. Er erklärt hier, warum der aktuelle Trend rund um Selflove ein Zeichen dafür ist, dass der Klassenkampf schon lange überfällig ist. Anschließend geht er auch noch auf andere Bereiche unseres Lebens ein und stellt die Frage: Wo zeigt sich das noch? Dabei geht er auf viele interessante Punkte ein und zeigt so, wie ein neuer Klassenkampf die Situation für uns alle verbessern würde.
Ich persönlich war bis zum Ende etwas verwirrt, wie ein Klassenkampf denn nun wirklich aussehen würde. Ich höre dieses Schlagwort aktuell immer und immer wieder - aber weiß bis heute nicht, was ich mir darunter vorstellen kann. Auch dieses Buch konnte diese Frage leider nicht klären.
Ich stimme dem Autoren sicher nicht in jedem Detail seiner Argumentation zu. Aber: Er spricht viele wichtige Punkte an, argumentiert gut und ich kann seine große Message unterstützen. Ich kann mir zwar (wie so viele von uns) keine Alternative zum Kapitalismus vorstellen, aber das hängt wahrscheinlich eher damit zusammen, dass ich halt in diesem System aufgewachsen bin und darin lebe. Das geht sicher den meisten von uns so. Trotzdem kann der Kapitalismus nicht unsere beste oder sogar unsere einzige Option sein. Dieses System basiert auf der Ausbeutung von Menschen und der Natur. Das darf nicht unsere beste Option sein. Daran will ich einfach nicht glauben.
Mein Fazit? Ein interessanter Essay, den ich gerne gehört habe. 
Death of an Author: A Novella by Stephen Marche, Aidan Marchine

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Wer die Rezension zu diesem Roman auf einer anderen Seite als direkt auf meinem Blog liest, wird sehen, dass ich hier keine Sternebewertung hinterlassen habe. Und das hat auch einen guten Grund: "Death of an Author" ist ein Buch, das KI-generiert wurde. Das Thema ist aktuell riesig in der Bücherbubble und das auch aus gutem Grund. KI wirft viele Fragen auf, die noch nicht geklärt sind und die wir vielleicht auch zum aktuellen Zeitpunkt gar nicht wirklich klären können. Es geht dabei zum Beispiel um Fragen des Urheberrechts und der Kreativität. Egal, wie wir diese Fragen am Ende beantworten werden: Wir befinden uns am Startpunkt eines großen Umbruchs und ich bin gespannt, wo uns diese Reise hinführt. Und gleichzeitig habe ich auch Angst davor. Diese Mischung an Gefühlen ist für mich wohl der Hauptgrund, warum ich mich entschieden habe, meine Masterarbeit zum Thema zu schreiben. Aktuell bin ich laut meiner Wortzähl-App bei aktuell circa 60% meiner Arbeit und damit zeichnet sich das Ende damit endlich, endlich als kleiner Punkt am Horizont ab. Es geht in meiner Masterarbeit um Intertextualität und um Konzepte der Autorschaft und wie sich beides mit Künstlicher Intelligenz verbinden lässt. Und das muss ich natürlich anhand von verschiedenen Beispieltexten herausarbeiten. 

Einer dieser Texte ist "Death of an Author". Bei diesem Buch handelt es sich um einen Krimi, der laut eigener Angaben zu mindestens 95 % von KI generiert wurde. Und glaubt mir: Ich habe mir ordentlich den Kopf zerbrochen, ob es ethisch überhaupt vertretbar ist, dieses Buch zu rezensieren. Doch es ist mir wichtig, Künstliche Intelligenz und generierte Texte nicht im allgemeinen zu verteufeln. Denn wie immer gibt es nicht nur schwarz und weiß, sondern sehr viele Graustufen. Es gibt nicht nur die großartigen menschgemachten Texte und die schrecklichen KI-generierten Texte, die nicht mal das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Stephen Marchine - der Mensch, der hinter diesem Buch steckt - hat es sich mit dieser Veröffentlichung nicht leicht gemacht. Der hat nicht einfach ChatGPT befohlen, ihm einen Kriminalroman zu schreiben, sondern viele Monate mit verschiedenen Programmen gearbeitet, um einen lesenswerten Roman zu verfassen. Dabei beweist er durch verschiedene intertextuelle Anspielungen im Text und durch ein ausführliches Nachwort auch, dass er sich mit den Themen Literatur und Kreatives Schreiben auch tatsächlich auskennt und sich wirklich für kreative Experimente wie eben dieses hier interessiert, und nicht einfach nur auf ein passives Einkommen hofft.

Ich bin an dieses Buch mit eher niedrigen Erwartungen herangegangen - denn sind wir mal ehrlich, die meisten generierten Texte, die aktuell im Netz herumschwirren, sind einfach nicht besonders gut. Denkt bitte daher auch gar nicht erst daran, mir jetzt euer generiertes Buch anzubieten, solltet ihr eines haben. Ich lese diese Bücher für meine wissenschaftliche Arbeit, nicht, weil ich in Zukunft nur noch solche Bücher lesen möchte. "

Death of an Author" hat mich dann aber doch noch überrascht. Doch einiger ungewöhnlicher Phrasen und Satzkonstruktionen, ist dieses Buch gut geschrieben. Auch der Inhalt war interessant und glaubwürdig, Einzig das Ende ließ mich etwas unzufrieden zurück. Da wurde die Spannung sehr schnell aufgelöst und ich finde, dass man dem Abschluss mehr Seiten hätte widmen können.

Trotzdem war das eine interessante Lektüre, die ich nach meiner Masterarbeit hoffentlich nicht hassen werde.

Mein Fazit? Interessant und mal was ganz anderes, als ich es sonst so kenne.
Das Buch der kostbarsten Substanz by Thomas Wörtche, Conny Lösch, Sara Gran

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5.0

 
Lilys Mann ist dement. Um seine Pflege finanzieren zu können, braucht Lily jeden Cent. Statt selbst Bücher zu schreiben, wie sie es früher getan hat und auch immer tun möchte, handelt sie daher mit seltenen antiquarischen Büchern. Statt ewig langer philosophischer Diskussionen mit ihrer großen Liebe, verhandelt sie über Verkaufspreise und mit Ärzt:innen. Nicht unbedingt das Leben, das sie sich gewünscht hat - aber was sonst bleibt ihr übrig? Als sie gebeten wird, das „Buch der kostbarsten Substanz“ zu für einen Kunden zu beschaffen, denkt sie sich daher auch nichts dabei. Sie wird ja ständig danach gefragt, irgendwelche seltenen Ausgaben für Sammler:innen zu besorgen. Das unglaublich hohe Honorar kann sie gut brauchen, also willigt sie ein. Doch dabei handelt es sich nicht um irgendeinen Essayband oder um normale okkulte Schriften - dieses Buch ist voll mit schwarzer Magie, die Unmögliches verspricht. Doch die Erfüllung deiner tiefsten Wünsche fordert einen Preis, der zu hoch scheint, um darauf näher einzugehen. Doch trotzdem stellt sich bald die Frage: Kann Lily der Macht des Buches widerstehen? 
Das war ein spannendes Buch, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte. Ich habe es bei der Buch Wien gekauft und dann auch eigentlich direkt danach gelesen. Trotzdem komme ich leider erst jetzt dazu, die Rezension zu schreiben. Upsi!
Was ihr beachten solltet, wenn ihr dieses Buch lesen möchtet: Das ist kein klassischer Thriller, auch wenn dieses Wort auf dem Cover steht. Es gibt keine Ermittlung, keine psychopathischen Mörder:innen und es steht nicht die Aufklärung eines Verbrechens im Vordergrund. Wer aber Lust auf eine ungewöhnliche Geschichte über Magie und Bücher hat, ist hier richtig. Ihr solltet nur nicht damit rechnen, einen klassischen Thriller zu lesen. Ganz ehrlich: Ich hab den Vermerk auf dem Cover zuerst gar nicht gesehen und hab das Buch automatisch in die Kategorie "Fantasy" eingeordnet. Und diese Erwartung hat sich dann auch eher erfüllt als die Erwartungen, die ich gehabt hätte, wenn ich mit einem klassischen Thriller gerechnet hätte. 
Überrascht wurde ich durch die existentiellen Fragen, die aufgeworfen wurden – und die ich mir als Leserin dadurch gleich selbst gestellt habe. Wie weit würde ich gehen, um die Leute zu retten, die ich liebe? Würde ich zu schwarzer Magie greifen? Eine wirklich tolle Lektüre! 
Unlearn Patriarchy 2 by Alexandra Zykunov, Emilia Roig, Silvie Horch

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5.0

 
Dieses Hörbuch versammelt unterschiedlichste Beiträge zu verschiedenen Themen des intersektionalen Feminismus. Was bedeutet intersektional? Nun, ganz vereinfacht gesagt: Ich habe als weiße Frau mit vielen Privilegien mit ganz anderen Problemen zu kämpfen als eine POC-Frau, die in einem Flüchtlingslager lebt. Wir beide haben die Gemeinsamkeit, dass wir wegen unserer Weiblichkeit benachteiligt werden. Doch durch meine Privilegien sieht diese Benachteiligung anders aus. Während die fremde Frau vielleicht rassistische Angriffe ertragen muss, bekomme ich höchstens kleinere Aggressionen wegen meinem Namen ab. Während der fremden Frau als Frau und POC einige wirklich grausige Stereotype zugeschrieben werden (wie zum Beispiel das Klischee der "angry black woman" oder auch die Sexualisierung und Exotisierung von POC-Frauen), bleibe ich davon verschont. Seht ihr was ich meine? Falls es euch noch nicht ganz klar ist: Offensichtlich habt ihr Internetzugriff. Ich traue euch zu, dass ihr bessere Beispiele online findet.

Doch worum geht es in diesem Hörbuch nun wirklich? Nun, um fast alles. Es gibt hier Beiträge zum Thema Sport, zur Gender Pay Gap, über Literatur, über Krieg und so weiter und so weiter. Es gibt hier für sicher jedes Interesse den passenden Beitrag - und falls nicht, wird man sicher in Teil 1 fündig. Vermute ich zumindest mal. Den habe ich nämlich bisher nicht gehört. Das habe ich aber für die Zukunft fix eingeplant. Geschrieben wurden die Beiträge von super intelligenten Personen, die eindeutig Expert:innen für ihr jeweiliges Fach sind.

Dieses Hörbuch machte zumindest mich sehr wütend. Ich finde es schrecklich, dass wir das Jahr 2024 schreiben und intersektionaler Feminismus immer noch notwendig ist. Ich hasse es, zu wissen, dass ich als Frau nicht die gleichen Chancen habe, wie ein Mann sie hätte - wegen meiner Erziehung, der Rolle, die die Gesellschaft von mir erwartet, und den Möglichkeiten, die mir deswegen angeboten werden. Und ich bin wütend, dass mir trotz meiner Bildung und meines Vorwissens trotzdem nicht alle der hier beschriebenen Probleme bewusst waren. Ich habe hier nochmal viel Neues gelernt - was bei populärwissenschaftlichen Büchern über Feminismus leider nicht mehr oft der Fall ist. 

Mein Fazit? Ein Buch mit wirklich großartigen Beiträgen unterschiedlicher Autor:innen. Auf jeden Fall empfehlenswert! 
Männer töten: Roman by Eva Reisinger

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2.0

 
Wisst ihr, was ich hasse? Wenn ein Buch fast allen Leuten in meiner Umgebung gefällt und ich die einzige bin, die damit so gar nichts anfangen kann.

Ein großes Problem hatte ich persönlich leider mit dem Stil. Es gibt hier sehr viele Beschreibungen - aber leider wird dabei kaum das Innenleben der Protagonistin beleuchtet. Sie wirkte auf mich leider bis zum Schluss sehr distanziert zu allem und das finde ich schade - gerade, wenn man sich ansieht, was hier so passiert. Da wär Potential für unglaublich spannende innere Konflikte da, ich habe davon aber leider nicht viel gemerkt. So blieben dann leider auch ihre Motive nur wage. Und das ist schade, denn Anna Maria und ihre Freundinnen stellen hier einige sehr illegale Dinge an, die ich nicht vertiefen werde, weil Spoiler. Doch statt mehr über Anna Marias Innenleben zu erfahren, schien hier der Fokus eher auf den Partys von ihr und ihren Freundinnen zu liegen. Wie gesagt: Da wurde meiner Meinung nach leider eine große Chance verpasst.

Auch blieben die Beschreibungen der Umgebung und der Figuren leider sehr im Klischee stecken. Kann man mögen - ich tue es nicht. Ich bin Tirolerin - mit muhenden Kühen, weiten Feldern und Erklärungen, dass der Dialekt in Oberösterreich so schwer zu verstehen sei, kriegt ihr mich nicht. Damit bin ich aufgewachsen. Das ist für mich normal. Und: Ich bekomme Augenzucken, wenn ich daran denke, mit welchen Dialektworten die Protagonistin hier ach so große Probleme hatte. Die sind wirklich zahm: "Ötan" statt "Eltern". Ob es wirklich genauso geschrieben wurde, weiß ich leider nicht mehr. So wirkte die Protagonistin leider einfach dumm, zumindest meiner Meinung nach. So, als könnte sie minimale Abänderungen von der Standardsprache nicht mehr verstehen. Wenn sie mit dem Beispielwort, das hier genannt wurde, schon Probleme hat, dann sollte sie auch nuschelnde und lispelnde Menschen nicht verstehen können. Der dargestellte Dialekt ist hier wirklich zahm. Ich würde es verstehen, wenn Anna Maria Probleme mit dem Unterschied von "aui" und "oi" hätte oder nicht wüsste, was denn "Fackalar" sind. Oder was "potschad" bedeutet oder "wompat" oder "Bissgurn" oder "Schlampetatsch". Ihr seht, worauf ich hinaus will? Und nein, die Bedeutung dieser Worte bekommt ihr nicht mitgeliefert. Die verschiedenen Tiroler Dialekte sind toll, bieten viele spannende Worte und Redewendungen und wenn ihr diese Worte nicht kennt, habt ihr was verpasst. Viel Spaß beim Googeln!

Auch sehe ich hier leider kein Matriarchat, keine Utopie und keinen Feminismus. In der Realität ermorden Männer Frauen - aber meiner Meinung nach reicht es nicht, den Spieß umzudrehen, um ein Werk feministisch zu machen. Und selbst wenn das reichen würde und das wirklich ein Matriarchat wäre: Es wird hier auf vielleicht zwei Seiten abgehandelt, wie das entstanden ist. Im Alltag merkt man davon (abgesehen von den ermordeten Männern) leider nichts. Und ja, vielleicht könnte man das auch als Satire lesen. Aber das ist halt einfach nicht das, was ich erwarte, wenn im Klappentext das Wort "Matriarchat" fällt.

Ein letzter Kritikpunkt noch: Ich mag es überhaupt nicht, wenn es in Büchern zu Markennennungen kommt und halte es für zumindest problematisch, wenn popkulturelle Anspielungen genannt werden. Hier wird zum Beispiel eine Szene beschrieben, in der Haftbefehl zu rappen beginnen würde, wenn das ein Film war. Da hatte ich schon nur eine grobe Vorstellung, wie das sein könnte, weil ich (Deutsch-) Rap zu großen Teilen verweigere, in ein paar Jahren wird man sowas nicht mehr wirklich verstehen können. Außerdem hatte ich manchmal das Gefühl, dass diese Anspielungen eine Beschreibung der Stimmung oder Emotionen ersetzen sollten. Für mich persönlich hat das leider nicht funktioniert.

Mein Fazit? Dieses Buch war leider nichts für mich. Schade. 
Fourth Wing by Rebecca Yarros

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4.0

 
Wer auf irgendeinem sozialen Netzwerk unterwegs und dort in der Buchbubble ist, hat garantiert schon von diesem Buch gehört. Die einen feiern es, die anderen machen sich darüber lustig, und ich bin natürlich auch schnell neugierig geworden. Und ganz ehrlich: Ich hätte mir nicht erwartet, dass mir dieses Buch gefällt. Aber wenn sich dem Chor der Lobeshymnen plötzlich gleich mehrere Freund:innen anschließen? Dann kann das gar nicht so schlecht sein, wie die Kritiker:innen so sagen, oder? Und was soll ich sagen? Das war ein ziemlich überraschendes Highlight für mich.

In diesem Buch folgen wir Violet durchs erste Jahr am Kriegs-College. Dort sollen die Schüler:innen zu Soldat:innen ausgebildet werden - wenn sie denn lange genug überleben, um tatsächlich auf dem Schlachtfeld zu landen. Denn eine Besonderheit am Kriegs-College ist, dass die meisten Arten körperlicher Gewalt hier total alltäglich und erlaubt sind. Wenn jemand dabei stirbt oder von anderen Schüler:innen ermordet wird, dann ist das voll okay. Dann war diese Person sowieso nicht stark genug, um auf dem Schlachtfeld zu überleben. 
Also eigentlich ein Setup, das man so nicht ganz ernst nehmen kann. Das war zumindest meine Einstellung, als ich zu lesen begonnen habe. Und ich muss sagen: Ja, ich sehe die Kritikpunkte, die online gemacht wurden, aber trotzdem hatte ich mit diesem Roman unglaublich viel Spaß. Ja, ich stimme zu, dass das nicht die sinnvollste Art ist, neueste Soldat:innen auszubilden, gleichzeitig hab ich aber auch genossen, wie sehr die Spannung durch dieses gefährliche College erhöht wurde. Ja, ich verstehe ebenfalls nicht ganz, warum überhaupt irgendjemand diese Schule besuchen möchte. Aber eine komplett leere Schule zu präsentieren, macht halt nur wenig Sinn. Und ja, auch ich finde den Spitznamen "Violence", den Violet von Love Interest Xaden verpasst bekommt, ebenfalls nicht besonders gut. Und stellenweise wurde mir Krieg fast etwas zu sehr romantisiert. Krieg macht keinen Spaß und ist kein Spiel, sondern ist eine Hölle, die ich nie selbst erleben möchte.
Aber das ändert nichts daran, dass ich richtig viel Spaß mit diesem Reihenauftakt hatte.

Das Buch ist richtig toll geschrieben und zwischen Xaden und Violet herrscht eine sehr spannende Chemie, die mich fast schon süchtig machte. Und auch sonst gab es viele tolle Figuren, von denen fast keine einfach nur gut oder nur böse ist. Stattdessen schafft die Autorin es, überraschend viele Graustufen zu zeigen. Das ist eine Art von Tiefe, die ich einem Jugend-Fantasyroman nicht erwartet hätte. Und das Buch endet auch mit einem richtig miesen Cliffhanger, der mich sehr überrascht hat und der mich auf jeden Fall dazu bringen wird, den zweiten Band auch noch zu lesen.

Schon bevor ich dieses Buch gelesen habe, ist mir vor allem ein Kritikpunkt, der von vielen gemacht wurde, hängen geblieben: Das Buch könne man nicht ernst nehmen, denn es sei ja nur eine sexuelle Fantasie der Autorin, die von jungen Frauen auch nur deswegen gelesen werde. Davon abgesehen, dass die explizit sexuellen Szenen vielleicht insgesamt nur so um die zehn Seiten betragen (von insgesamt in der englischen Version über 500 Seiten), ist das eine Kritik, die mal wieder misogyn und sexistisch ist. Sexuelle Lust und sexuelle Vorstellungen von Frauen werden so abgewertet und niedergemacht. So werden Frauen und Menschen, die als weiblich gelesen werden, für ihre sexuellen Vorlieben beschämt - und das mal wieder in vielen Fällen von Männern. Und bitte versteht mich nicht falsch: Wenn ihr in euren Büchern keinen Spice und keine Erotik lesen wollt, dann ist das voll in Ordnung. Müsst ihr ja auch nicht. Menschen haben unterschiedliche Geschmäcker. Wenn ihr diese eine Art, Sexszenen zu schreiben, wie man sie hier findet, nicht gut findet, dann sagt das genau so. Auch das ist in Ordnung. Aber das Buch auf diese 10 Seiten zu reduzieren und es damit abzuwerten? Und dann auch noch die Autorin persönlich durch diese Form der Kritik anzugreifen? Auf so eine unterirdisch miese Art? Das ist nicht okay.

Mein Fazit also? Wenn ihr dieses Buch nicht mögt, ist das völlig in Ordnung. Ich habe die Lektüre aber sehr genossen und freue mich schon auf den zweiten Teil, den ich auch schon bei der Bücherei für mich vorbestellt habe. 
Honesty. Was die Wahrheit verbirgt: Band 1 by Franzi Kopka

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2.0

 
Ich war als Jugendliche ein großer Fan von Dystopien - und liebe sie noch heute. Diese Bücher üben auf mich eine solche Faszination aus, dass ich sogar meine Bachelorarbeit zum Thema geschrieben habe. Wenn da also ein neues Buch erscheint, das vielversprechend scheint und sich in die Reihen meiner alten Favoriten einordnen möchte, dann muss ich da sofort zugreifen.

Leider muss ich hier aber gleich zugeben, dass mich dieses Buch erst ab der zweiten Hälfte irgendwie abholen konnte. Und auch dann war das leider nicht so überzeugend, dass ich diese Reihe weiterempfehlen könnte. Und das tut mir wirklich leid, denn viele Elemente, die sich die Autorin überlegt hat, wären eigentlich vielversprechend. So ist das zum Beispiel die erste Dystopie, die ich entdeckt habe, die es tatsächlich schafft, eine gewisse Diversität bei ihren Figuren zu repräsentieren. Und das rechne ich dem Buch und der Autorin auch hoch an.

Aber diese Diversität erschwerte es hier leider ein bisschen, ein glaubwürdiges Weltbild zu erschaffen. Warum ist zum Beispiel die frühe Eheschließung so unglaublich wichtig? Die Figuren MÜSSEN Anfang 20 heiraten, sonst verlieren sie ihre Privilegien. Meistens gibt es für solche Maßnahmen einen einfachen Grund in Dystopien: Entweder droht die Menschheit auszusterben und die Menschen sollen Kinder bekommen oder die Eheschließung ist ein Kontrollmechanismus und die Ehepartner sollen einander überwachen. Aber was ist hier der Grund? Das habe ich leider nicht verstanden. Und in beiden Fällen wirkt die große Toleranz der doch eher als autoritär gezeichneten Gesellschaft als fehl am Platz. So sind asexuelle und aromantische Personen zum Beispiel komplett von dieser Regelung ausgenommen. Das finde ich zwar an sich lobenswert, das in dieser Welt auch asexuelle Menschen, gleichgeschlechtliche Liebe und nichtbinäre Identitäten einen Platz finden, aber es erschwert natürlich auch das Finden einer Begründung für diese Regelung. Das hat für mich dann leider nicht funktioniert - und das ist super schade, denn der Großteil dieser Handlung dreht sich doch um dieses Partnerschaftsprogramm, an dem auch die Protagonistin Mae teilnimmt.

Dadurch, dass die Autorin es schafft, so viele diverse Figuren in die Geschichte mit aufzunehmen, finde ich es umso schader, dass gerade misogyne Erzählungsmuster trotzdem erhalten bleiben und unhinterfragt verwendet werden. So ist Mae leider so gar nicht wie andere Mädchen. Makeup interessiert sie eigentlich nicht und Mode auch nicht. Teils ist das natürlich ihren Lebensumständen geschuldet, aber leider nicht nur. Mae wird generell als "anders" gezeichnet, was natürlich okay sein kann, wenn es dann dabei geblieben werde. Aber das kombiniert mit der Tatsache, dass scheinbar wirklich alle anderen Mädchen (außer natürlich Maes allerbeste Freundin, die das auch sofort und ohne gemeinsame Vorgeschichte wird), die gezeigt werden, als die ärgsten Zicken überhaupt gezeichnet werden? Und dann noch der große Kampf um männliche Anerkennung, die für einige der Mädchen hier das wichtigste der Welt zu sein schien? Puh, das wirkte auf mich dann leider doch nicht so fortschrittlich und divers, wie das Buch gerne sein möchte.

Eine weitere Frage, die sich mir nach dem Ende des Buches stellt, ist folgende: Wo ist Alice im Buch, wenn sie nicht gerade angesprochen wird? Alice ist die Künstliche Intelligenz, die alle Menschen ständig überwacht und sich um sie kümmert. Wenn du zum Beispiel Musik hören möchtest oder etwas wissen willst, dann fragst du Alice danach. Wenn Mae aber eine ihrer vielen Panikattacken hat, Leute anschreit (was in dieser Welt mehr als nur ein bisschen verdächtig ist) und eindeutig verbotene Gefühle zeigt, scheint Alice wohl gerade anderwertig beschäftigt zu sein. Zumindest gibt es für dieses Verhalten nie Konsequenzen und selbst andere Menschen, die sich um sie herum befinden und ja selbst wissen, dass dieses Verhalten in dieser Welt nicht normal und sogar verboten ist, scheinen es nicht für nötig zu halten, sie zu melden. Bei Maes Bruder verstehe ich das ja - ich würde meine Geschwister auch nicht auf diese Art verraten. Aber bei Fremdem? Da würde man sich in dieser Welt doch verdächtig machen, wenn man daran einfach vorbeigeht, oder?

Mein Fazit? Dieses Buch war leider überhaupt nicht mein Fall. Schade, denn ich habe mich sehr auf die Lektüre gefreut.
Drei Magier und eine Margarita by Annette Marie

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5.0

 
Wisst ihr, was ich liebe? Wenn ich ein Buch lese und dabei einfach schon im April merke, dass ich gerade ein Jahreshighlight verschlinge. Egal was sonst noch so kommt: Dieses Buch wird am Ende des Jahres bei meinen Favoriten sein. Was für eine geniale Story!

Was euch hier erwartet? Viel Ironie und Sarkasmus, eine bissige, aber liebenswürdige Protagonistin und eine magische Welt, wie ich sie mir gewünscht habe. Die Geschichte und der Stil, in dem sie geschrieben ist, sind super lustig und ich habe wohl über so gut wie alle der Witze gelacht (und dabei mal wieder ein paar seltsame Blicke kassiert - scheinbar ist das für die meisten Menschen nicht Alltag, dass jemand über Bücher lacht. Aber he, das bin ich inzwischen gewohnt!). Gleichzeitig schaffte es das Buch aber auch eine ordentliche Spannung aufrecht zu erhalten - und das mehr oder weniger die ganze Handlung über. Aber, und das fand ich ganz wichtig: Das war eine angenehme Spannung. Nichts, das mir zusätzlichen Stress macht oder mich nachts wach hält. Und das macht diesen Roman zu einem tollen Wohlfühlbuch für Zwischendurch. 

Schön finde ich auch, dass hier über eine magische Welt erzählt wird, die problemlos einfach so parallel zu der unseren existieren könnte. Wenn es eine Autorin schafft, ein solches System zu entwickeln, dann bekommt das Buch von mir automatisch Pluspunkte. Nicht vergessen: Ich bin einfach eine kleine Träumerin, die will, dass Magie existiert und jetzt natürlich hofft, in einen magischen Pub zu stolpern und dort von drei gut aussehenden Magiern angegraben zu werden. Upsi!

Worüber ich mich hier sonst noch so gefreut habe? Seht ihr die kleine "1" auf dem Cover? Jap, ich natürlich auch. Und jetzt freue ich mich schon tierisch auf den zweiten Band der Reihe. Ich kann es kaum erwarten, zu erfahren, was sich die Autorin sonst noch so wird einfallen lassen.

Mein Fazit? Eine tolle Lektüre, mit der ich viel Spaß hatte! 
Traumnovelle by Arthur Schnitzler

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2.0

 
Uff, das wird jetzt wieder so eine Rezension, unter der mir auf allen Plattformen mindestens ein halbes Dutzend Männer erklären wird, warum ich mit meiner Meinung falsch liege und generell keine Ahnung von Literatur habe. Hier also nochmal als kleine Erinnerung an alle Typen, die es jetzt schon in den Fingern juckt, sich zu beschweren: Literatur ist mein Fachgebiet. Ich bin Expertin. Aktuell schreibe ich meine Masterarbeit im Fach Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften. Bitte erklärt mir nicht ein Thema, in dem ich mich in 99 Prozent der Fälle besser auskenne als ihr. Und: Ich sage hier, dass MIR ein Klassiker nicht gefallen hat und ich ihn für problematisch halte. Ich sage NICHT, dass NIEMAND diesen Klassiker gut oder lesenswert finden darf.
So, super, dass dieses Missverständnis jetzt aus dem Weg geräumt wurde und wir uns auf meine höchst subjektive Meinung konzentrieren können. Die ich im oberen Absatz schon gespoilert habe. Upsi.
Aber worum geht es denn überhaupt? Arzt Fridolin stellt im Gespräch mit seiner Frau Albertine fest, dass sie auf sexueller Ebene nicht ganz zufrieden mit der Beziehung ist und sich wünscht, dass sie sich vor der Ehe mehr ausprobiert hätte. Was sie aber natürlich nicht getan hat, denn als Frau hattest du zu dieser Zeit jetzt nicht so besonders viel Spielraum für Sex außerhalb der Ehe. Und wie reagiert man da als reifer und erwachsener Mann, der eigentlich bisher in seiner Ehe nicht unzufrieden war und die gemeinsame Tochter liebt? Richtig, man beginnt sein Leben und seine Frau aus ganzem Herzen zu hassen und dreht völlig am Rad. Was man halt so macht. Fridolin geht hier zu Prostituierten, auf Orgien und spielt sich als der große Verführer auf. Und dabei sexualisiert er wirklich jedes Mädchen und jede Frau, die ihm unterkommt. 
Und das ist mein größtes Problem mit dieser Geschichte. Dass ich die Sichtweisen von Männern aus klassischer Literatur nie ganz verstehe, ist für mich nichts Neues. Auch Sexismus und Sexualisierung von Frauen generell in älteren Büchern kommt sehr oft vor - und auch da bin ich inzwischen schon abgehärtet. Aber pädophile Tendenzen? Ekelhaft! Gehts noch? Und sowas gehört heute zum großen Kanon der Literaturgeschichte?! Ich will gar nicht wissen, wie oft hier Mädchen als "fast noch Kinder" beschrieben wurden und wie oft ihre Kindlichkeit hervorgehoben wurde. Und das dann einfach für die Hauptfigur das Attraktivste war, das ihm bei einer Person unterkommen kann. Und ja, sicher 75 Prozent des Plots waren leider Beschreibungen von viel zu jungen Mädchen. Ganz ehrlich: So ein Buch sollte man meiner Meinung nach aus dem Kanon streichen. Wir haben schon so viele Bücher mit problematischen Inhalten auf unseren Literaturlisten stehen, dass wir nicht auch noch ein Buch drauf haben müssen, das Kinder sexualisiert. Diese Funktion hat schon Goethes "Faust" für sich beansprucht.
Mein Fazit? Leider überhaupt nicht mein Fall. Ich fand es ganz ehrlich einfach ekelhaft. 
Beklaute Frauen by Leonie Schöler

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5.0

Hier habe ich endlich mal etwas ausprobiert, das ich schon öfters bei anderen Blogger:innen beobachtet habe: Ich habe das Hörbuch angehört und simultan dazu das Buch gelesen. Und was soll ich sagen? Es funktioniert sehr gut. Das werde ich in Zukunft ganz sicher öfter machen. Ich hatte plötzlich gar keine Probleme mehr, mit den Gedanken beim Text zu bleiben und fand es um einiges weniger anstrengend, zu lesen. Was auch bedeutet hat, dass ich teils 100 Seiten in einer Sitzung lesen konnte, ohne danach komplett kaputt zu sein. Und, ein Funfact, den ich dank diesem Experiment jetzt kenne: Die angenehmste Hörbuchgeschwindigkeit für mich, wenn ich parallel dazu lesen möchte, ist 2,5. Insgesamt also: 10 von 10 Punkten, werde ich definitiv in Zukunft öfter machen. Wozu hat man denn ein Hörbuchabo?

Jetzt aber endlich zum Buch. In "Beklaute Frauen" geht es - wie der Titel bereits vermuten lässt - um Frauen, denen in der Geschichte nicht die Wichtigkeit zuerkannt wird, die sie verdient hätten. Und meist waren daran die Männer Schuld, die sie um sich hatten. Ehemänner, Arbeitskollegen, Künstlerkollegen,... Dieses Buch hat mich unglaublich wütend gemacht. Ganz ehrlich? Es ist nicht so besonders schwierig, sich nicht die Leistungen anderer Menschen selbst zuzuschreiben und sich Erfolge selbst zu arbeiten. Seriously, wie kommt man überhaupt auf die Idee, zum Beispiel ins Büro der Arbeitskollegin einzubrechen, um ihre Notizen zu stehlen und anschließend sogar in der eigenen Autobiographie damit zu prahlen, dass man sich den Nobelpreis nur durch Betrug und Diebstahl "verdient" hat. Bah, da wird mir richtig übel! Und das richtig Schlimme ist ja, dass solche und ähnliche Aktionen nicht nur Auswirkungen auf den beruflichen Erfolg dieser Menschen hatte: Hier wird auch von Suiziden berichtet, die infolge dieses Verhaltens geschahen.

Trotz dieses sehr emotionalen Themas, das mich persönlich einfach nur wütend macht, schafft es die Autorin mit viel Empathie über diese vergessenen Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen, Heldinnen und so weiter zu berichten und ihnen so die Sichtbarkeit zurückzugeben, die sie eigentlich schon zu Lebzeiten verdient hätten. Das passierte an vielen Stellen auch wortwörtlich, nämlich durch Fotos von den Frauen. Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch in den nächsten Wochen und Monaten alle Bestsellerlisten anführt und im Internet gehyped wird, denn ich möchte, dass all diese Namen und Geschichten im kollektiven Gedächtnis landen, verdammt!

Gleichzeitig beweist die Autorin aber nicht nur Empathie für die Vergessenen, sondern auch für ihre Leser:innen. Vor jedem Kapitel findet man Triggerwarnungen, was ich für wichtig und richtig halte. So haben wirklich alle die Möglichkeit, ein Kapitel zu überspringen, sollten sie zu einem Thema gar nichts lesen können oder wollen. Kann ich euch persönlich zwar nicht empfehlen, da ihr dann eine Menge spannender Frauen nicht kennenlernen werdet, aber wie immer gilt trotzdem: Deine Mental Health hat Vorrang.

Die Autorin beschränkte sich aber nicht nur auf die Biographien verschiedener Frauen, sondern kontextualisierte diese auch sehr gut. Sie ging so zum Beispiel auch auf die Diskriminierung durch Gesetze ein, erklärte, wie bestimmte Aspekte in der Gesellschaft zur Zeit funktionierten, in der die einzelnen Frauen lebten und geht dabei auch intersektional vor, was mir sehr wichtig erscheint. In Infokästen (oder im Hörbuch einfach "Info" genannt) erklärt sie dabei auch so schwierige Wörter wie "intersektional". (Zur Info: Das bedeutet, dass nicht jeder Mensch auf gleiche Art von Diskriminierung betroffen ist. Es gibt auch Dinge wie Mehrfachdiskriminierung. Ich als junge weiße Frau aus Österreich bin von Sexismus anders betroffen als eine POC-Frau, die aus Syrien nach Österreich geflüchtet ist und eine Behinderung hat. Was nicht bedeutet, dass Sexismus für mich nicht auch schlimm ist, aber im Gegensatz zur anderen Frau bin ich nicht zusätzlich von Rassismus, Gewalt gegen Migrant:innen oder von Ableismus betroffen. Der Sexismus, den diese Frau erlebt, wird auch sehr wahrscheinlich anders aussehen als der gegen mich. Man denke zum Beispiel an das Klischee der "Angry Black Woman", das sowohl rassistisch als auch sexistisch ist und mich nie betreffen wird.)

Mein Fazit? Dieses Buch und Hörbuch hat mich sehr beeindruckt und ich kann es kaum erwarten, es in den nächsten Wochen allen Menschen in meiner Umgebung aufzuzwingen.