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258 reviews

Daemon Voices by Philip Pullman

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funny informative reflective medium-paced

5.0

 Dieser Band versammelt eine Reihe von Essays, Vorworten, Vorlesungen und sonstigen kürzeren (Rede-)Beiträgen von Philip Pullman, der den meisten von uns als der Autor von "Der goldene Kompass" und den Nachfolgebänden bekannt sein dürfte. Ich liebe Essays übers Storytelling und Einblicke in die Denkprozesse von Autor:innen, daher lockte mich dieser Band sofort. Ich habe extra dieses Bandes wegen die Kompass-Trilogie komplett gelesen. :D

Vorweg: Der Band hat mir außerordentlich gut gefallen, obwohl ich sehr lange gebraucht habe, um ihn komplett zu lesen. Er eignete sich außerdem ganz vorzüglich für Streitgespräche mit einem Block Papier. Was habe ich mich mit diesem Buch gestritten! Und dann wieder so heftig genickt, dass ich mir fast den Nacken verzerrt hätte. Erstaunlich, wie ich mir mit den Aussagen einer Person so einig und so uneinig gleichzeitig sein kann.

Alle Inhalte sämtlicher Beiträge hier zu besprechen, würde etwas zu weit führen. Grundsätzlich gibt es aber Themen, die wiederholt aufgegriffen wurden und mir im Gedächtnis geblieben sind. Ich denke, es sind die Themen gewesen, die Pullman selbst am Herzen liegen und/oder ihn nachhaltig beschäftigen, sodass er sie zu verschiedenen Gelegenheiten wiederholt aufgriff.

Ganz interessant fand ich die Einblicke in seinen Schreibprozess. Es gibt Autor:innen, die sehr strukturiert erst den Roman planen und ihn dann zu Papier bringen (oft solche, die sehr viel schreiben (müssen)). Pullman gehört nicht dazu. Seine Herangehensweise, die Geschichte so zu betrachten, dass sie zu ihm kommt und er sie ergründet und ihr dabei zusieht, wie sie sich entwickelt, hat mich sehr an diverse Interviews mit Cornelia Funke erinnert, die auch so arbeitet. Die Idee der Geschichte als lebendiges Wesen mit eigenem Willen und Bedürfnissen gefällt mir gut.

Ein wichtiges Thema des Bandes ist die Selbstbestimmung der Lesenden. Pullman legt großen Wert darauf, dass ein Text den Lesenden dient und nicht umgekehrt. Er als Autor hat seine Bücher geschrieben, maßt sich aber nicht an, sie interpretieren zu können, denn das sieht er als Privileg derjenigen an, die das Buch konsumieren. Natürlich ist damit nicht gemeint, einen Text bewusst zu verdrehen und grob falsch für eigene Zwecke zu missbrauchen. Damit ist vielmehr gemeint, dass ich persönlich aus dem Text das ziehen darf, was für mich den Reiz des Textes ausmacht. Ich bin nicht angewiesen auf die "richtige" Interpretaion, sei es die meiner Lehrerin oder die des Autors. Pullman ermuntert dazu, Texte selbst zu ergründen, ohne sich von einer Autorität abhängig zu machen. Meine Rede.

Ein anderes zentrales Thema ist die Frage, wozu wir Geschichten brauchen. Pulmann spricht wiederholt von einer "School of Morals and Manners" - also dem Zweck von Geschichten, uns Empathie zu lehren und uns durch Szenen, in die wir uns hineinversetzen können, mehr vom menschlichen Miteinander zu zeigen. Gerade deswegen empfindet er Geschichten als essenziell für Kinder, deren moralischer Kompass sich erst noch ausrichten muss.

Ein großes Thema, das auch in der Kompass-Trilogie eine wichtige Rolle spielt, ist Pullmans Beziehung zur Religion. Pullman würde ich als radikalen Atheisten beschreiben. Gott existiert nicht und an ihn zu glauben hält Pullman für eine zutiefst irrationale, wenigstens potenziell gefährliche Sache. Gleichzeitig ist er offenbar in einem recht religiösen (christlichen) Umfeld aufgewachsen und zieht aus Bibelgeschichten und religiösen Strömungen ziemlich viel Inspiration für sein Schreiben. Obwohl oder vielleicht gerade weil er die Inhalte so radikal ablehnt, hat er ein großes Bedürfnis danach, sich damit auseinanderzusetzen. Auch wenn ich ihm in vielen Punkten folgen würde, finde ich persönlich das Thema Religion nicht ganz so spannend wie Pullman, daher ging mir der entsprechende Teil seiner Reden irgendwann ein bisschen auf den Keks.

Erschreckend unreflektiert empfand ich seine Aussagen zum Fantasygenre. Für jemanden, der selbst den großen Durchbruch mit Fantasyromanen hatte, ist Pullman hier offenbar recht unbelesen und vorurteilsbehaftet. Er hält Fantasy für ein minderwertiges Genre und betont wiederholt, wie schade er es findet, dass er selbst nur solche minderwertige Literatur zu schreiben vermag. "Fantasy", das ist für Pullman vor allem Tolkien, den er offenbar nicht mag. Seiner Meinung nach sind die Figuren nicht lebensecht genug, um der oben erwähnten "School of Morals and Manners" dienlich sein zu können, sich damit zu befassen daher die reinste Zeitverschwendung. Unabhängig davon, dass ich denke, dass er Tolkien (und auch den Nutzen, den wir aus derartiger fantastischer Literatur ziehen können) hier auf einer grundsätzlichen Ebene missverstanden hat, finde ich es auch ärgerlich, wenn ein so bekannter Fantasyautor derart wenig Fantasy gelesen hat. Alle Fantasy auf Tolkien (und damit auf Worldbuilding-fokussierte Erzählungen) runterzubrechen, ist grob falsch und selbstverständlich gibt es ganz hervorragende Fantasy, die auch im Pullman'schen Sinne echtes menschlichen Verhalten in eine fantastische Geschichte packt, auch ohne dass sie in unserer Realwelt spielen muss. Mir kam sofort LeGuins Erdsee in den Sinn ... aber die hat Pullman vermutlich nicht gelesen.

Also ein ambivalenter Band, durchaus sehr gut geschrieben, denn Pullman scheint ein begabter und witziger Redner zu sein. Ein interessanter und facettenreicher Mensch, mit dem ich mich sehr gern einmal streiten würde. 
Queer*Welten 04-2021 by Jasper Nicolaisen, Elea Brandt, Kathrin Dodenhoeft, Tristan Lánstad, Lena Richter, Judith C. Vogt, Teresa Teske

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emotional funny hopeful informative medium-paced
  • Diverse cast of characters? Yes

3.0

 Die 4. Ausgabe des damals vierteljährlich (mittlerweile halbjährlich) erscheinenden queerfeministischen SciFi- und Fantasy-Zines. Das Heft beinhaltet drei Kurzgeschichten, einen Essay zum Thema "Cancel Culture" und unter der Überschrift "Queertalsbericht" eine Sammlung kurzer Rezensionen und Online-Veranstaltungstipps (letzteres wohl so ein Corona-Pandemie-Ding, keine Ahnung inwiefern die Reihe später zum ursprünglichen Ziel eines Veranstaltungskalenders zurückkehrt).
Thematisch, wie ich finde, äußerst spannend. Wie bei solchen Sammlungen nicht anders zu erwarten mochte ich einige Inhalte lieber als andere. Das heißt hier aber nicht, dass schlechte Texte enthalten gewesen wären. Das Heft hat zwar auf den ersten Blick ziemlichen Zine-Charakter, angefangen bei der schlichten Optik und dem geringen Umfang und der Aufnahme auch von Texten unbekannterer Autor:innen - ist auf alle Fälle aber inhaltlich hochwertig und gut bearbeitet.
Mir persönlich gefiel die Geschichte um die Spiegelmagie von Tristan Lánstad am besten. Das mag sicher auch daran liegen, dass mir Fantasy mehr liegt als SciFi, hing aber auch damit zusammen, dass ich hier mit der Hauptfigur am meisten mitfiebern konnte. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, noch mehr zu dieser Figur oder der angedeuteten Welt mit der Spiegelmagie zu lesen, auch wenn die Kurzgeschichte in sich geschlossen war und sich nicht unbedingt nach einer Fortsetzung las.
Der Essay über die Cancel Culture von Elea Brandt war informativ und gut aufbereitet und auch drei Jahre nach dem Erscheinen noch sehr lesenswert.
Cooles Projekt, das. :) 
Hexenwelt: Gefangene der Dämonen, Volume 1 by Andre Norton

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adventurous mysterious medium-paced

3.0

Ich habe hier eine Doppelausgabe der ersten beiden Hexenwelt-Bände, die merkwürdigerweise offenbar dieselbe ISBN hat wie diese hier in der Datenbank hinterlegte Einzelausgabe. Na was solls.

Simon Tregarth, einst gefeierter Kriegsheld des Zweiten Weltkriegs, wird zu Unrecht eines Verbrechen beschuldigt und ist seitdem auf der Flucht. Als ihm seine Verfolger allzu dicht auf den Fersen sind, bietet ihm ein geheimnisvoller Fremder einen letzten Ausweg: Ein Tor in eine andere Welt. Simon tritt hindurch und findet sich wieder in einer Welt voller Wunder und Magie, der Hexenwelt. Dort wird er hineingezogen in die Konflikte zwischen den Hexen von Estcarp, die von ihren Feinden, den fremdartigen Koldern, und verschiedenen Nachbarvölkern bedroht werden.

Der Sammelband beinhaltet die ersten beiden Romane der ziemlich langen Hexenwelt-Reihe von Andre (Alice) Norton, in denen Simon Tregarth die Hauptfigur ist (in späteren Romanen gibt es auch andere POV-Charaktere). Ist ziemlich pulpig, und liest sich in der deutschen Fassung schnell runter. In der englischen Fassung scheint es etwas langatmiger zu sein - im Buchclub kam die Vermutung auf, dass hier die deutsche Ausgabe leicht gekürzt wurde. Dieses Mal offenbar zur Abwechslung mal zum Vorteil des Buches. :D

Simon ist ein kerniger Mann der Tat, der zwar auf seinem Fachgebiet - der Kriegsführung - ganz bewandert, aber darüber hinaus nicht immer die hellste Kerze am Kronleuchter ist. Daneben ist er aber vor allem einfach in allem ganz großartig und talentiert. *augenroll*

Mir persönlich hat die Storyline um Loyse gefallen, die sich als Mann verkleidet, um einer erzwungenen Hochzeit zu entkommen und ihr Glück als Ritter zu machen. Leider lässt dieser Charakter im zweiten Band stark nach, da ist sie dann halt nur noch die Damsel in Distress, naja. Auch die Darstellung der Kolder mit ihrer merkwürdigen Mischung aus Alientechnologie und Gedankenkontrolle fand ich ganz cool.

Wirklich schlimm fand ich den Namen des Landes im Süden ... es heißt Karsten ... das hätte man in der deutschen Übersetzung gerne abändern dürfen, denn das klingt dann im Text wirklich durchgehend sehr befremdlich.

Alles in allem ganz ok, aber nichts, was man gelesen haben muss. Ich habs für den Anhang-N-Buchclub gelesen und gerate zunehmend in den Verdacht, dass Gary Gygax' Buchgeschmack nicht meiner war.
Die Schwefelbraut by M.H. Steinmetz

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dark fast-paced

0.25

Leider einfach nicht gut.

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Elfenthron by Holly Black

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adventurous dark emotional medium-paced
  • Plot- or character-driven? A mix
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? Yes
  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.0

Jude Duarte ist nun die Königin von Elfenheim - aber was bringt ist das, wenn es ihr niemand glauben wird und sie zudem im Exil im Menschenreich festsitzt? Jude fällt es schwer, anderen zu vertrauen und dass ausgerechnet Cardan ihr Vertrauen derart mit Füßen getreten hat, hat sie schwer erschüttert. Als ihre Schwester Taryn sie um den Gefallen bittet, an ihrer statt zu einer gerichtlichen Befragung vor den Elfenkönig zu treten, fällt ihr die Entscheidung dennoch leicht, Cardan zum Trotz zurück ins Elfenreich zu kehren. Dort stehen die Zeichen auf Krieg. Judes mörderischer Stiefvater Maddoc hat sich mit dem Hof der Zähne verbündet, um den Thron an sich zu reissen. Wird es Jude gelingen, allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Position an der Spitze des Reiches zurückzuerobern oder zerreibt es sie zwischen verhärteten Fronten, Intrigen und Flüchen?

Auch wenn nach wie vor der zweite Band meiner Meinung nach der Höhepunkt dieser Trilogie ist, ist der dritte keine Enttäuschung. Ein wenig geht die Unberechenbarkeit der Hauptcharaktere verloren, aber da alle anderen Charaktere so fies sind, tut ein klein wenig Zuverlässigkeit auch mal ganz gut. Etwas merkwürdig fand ich lediglich die Geschichte um den großen Fluch am Ende. Ich hätte mir eine ganz andere Lösung der Situation, mehr angelehnt an die verschiedenen Prophezeiungen und anderen Flüche, vorgestellt. Diese war auch nicht schlecht, passt für mich aber nicht so recht zu der Todesverwünschung aus dem vorigen Band. War alles nicht unpassend - lediglich nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.

Wird jedenfalls definitiv nicht das letzte Buch der Autorin sein, das ich lese.
Drei Magier und eine Margarita by Annette Marie

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adventurous funny lighthearted mysterious fast-paced
  • Plot- or character-driven? A mix
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? Yes
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.0

Tori hat den x-ten Job als Kellnerin verloren, nachdem sie einer dreisten Kundin ein Tablett über die Rübe gezogen hat. Ihr aufbrausendes Temperament scheint jedoch unerwarteterweise genau richtig zu sein für den Posten als Barkeeperin in der eigenwilligen Bar "Crow and Hammer". Recht schnell stellt sich heraus, dass das daran liegt, dass hier keine gewöhnlichen Menschen verkehren, sondern waschechte - und noch dazu etwas zwielichtige - Magier. Tori steht vor völlig anderen Herausforderungen, als sie angenommen hat und sie darf diesen neuen Job keinesfalls auch wieder verlieren.

Das war ein Spontankauf auf der Leipziger Buchmesse, den ich absolut nicht bereut habe. Das Buch las sich flockig weg, die Charaktere sind sympathisch, die Magier und ihre Fähigkeiten machen Spaß. Angenehme Urban Fantasy, gut fürs Gemüt. Und zumindest in diesem ersten Band hält sich auch der Romance-Anteil sehr zurück. Freue mich auf den zweiten Band, der soll im Juni auf Deutsch erscheinen. :)
Changeless by Gail Carriger

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adventurous funny medium-paced
  • Plot- or character-driven? A mix
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? No
  • Diverse cast of characters? Yes
  • Flaws of characters a main focus? Yes

2.0

Alexia, mittlerweile Lady Maccon, jongliert ihre Jobs als angeheiratetes Alpha-Weibchen eines Werwolfclans und als praeternatürliche Beraterin ihrer Majestät. Geheimnisse aus der Vergangenheit ihres Mannes führen sie nach Schottland, Geheimnisse der Gegenwart sorgen dort für zusätzlichen Trubel. Immerhin hat Alexia einen neuen Sonnenschirm zu ihrem Schutz.

Den ersten Band hab ich voll gefeiert, den hier mochte ich leider nicht so. Im ersten Band mochte ich den Sprachwitz, die ulkige Betonung übertriebener viktorianischer Etikette und viele der Charaktere. Das alles entfällt im zweiten Band, der sich ziemlich durchschnittlich nach Urban Fantasy-Standardware liest. Ohne die ganzen Besonderheiten des ersten Bandes bleibt eine sehr zähe Geschichte zurück, die vor allem, was ich hasse, darauf aufbaut, dass Leute einander aus unerfindlichen Gründen Informationen vorenthalten.

Nachdem sich die ganze Handlung so dahinzieht, passiert plötzlich auf den buchstäblich letzten drei Seiten mehr Plot als im ganzen Roman vorher und seitdem sitze ich auf einem jämmerlichen Cliffhanger fest, der mich so gestresst hat, dass ich die Klappentexte aller Folgeromane lesen musste, um mich zu beruhigen. o.o Mein Nervenkostüm!

Ich werd dem nächsten Band noch eine Chance geben, aber wenn er mir nicht signifikant besser gefällt als dieser zweite, werde ich die anderen Bände dann nicht mehr lesen. 


Jack of Shadows by Roger Zelazny

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adventurous dark mysterious fast-paced
  • Plot- or character-driven? Plot
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.0

 Schattenjack stammt von der dunklen Seite der Erde. Seine besondere Verbindung zu den Schatten nutzt er für Diebereien bis er auf schmähliche Weise gefangen und eines seiner Leben beraubt wird. Auf dem Weg von den stinkenden Dunggruben des düsteren Westpols wird er von seinem Erzfeind, dem Fledermauslord gefangengenommen, der zu allem Überfluss auch die Frau bekommen hat, die Jack für sich beanspruchen wollte. Jack schwört bittere Rache an allen, die ihm Unrecht taten, und setzt sich über alle bislang gekannten Schranken hinweg, um sie zu bekommen.

Ich mausere mich zum veritablen Roger-Zelazny-Fan. Wahnsinn, wie gut seine Romane gealtert sind, die lesen sich überhaupt nicht so typisch altbacken, wie das oft bei älterer Fantasy der Fall ist, sondern sind nach wie vor monstermäßig spannend. Jack ist (vergleichbar mit Corwin aus den Amber-Chroniken) ein herrlich edgy Charakter voll dysterer Geheimnisse, der gern in Selbstmitleid badet - genau mein Ding.

Habe beim Lesen sehr oft an Vances Cugel denken müssen, der offenkundig Pate für Jack stand. Dennoch mochte ich die Erzählung um Jack lieber, insbesondere die Darstellung der Frauen, die mir bei Vance überaus negativ in Erinnerung geblieben ist. Obwohl Jack genauso schlecht mit Frauen umgeht wie Cugel (Vergewaltigung und Nötigung eingeschlossen), störte es mich hier weniger. Ich habe länger darüber nachgedacht, woran das liegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass der Grund in der Art und Weise liegt, wie in den Geschichten mit diesen Inhalten umgegangen wird. Während Cugel Frauen wie den letzten Dreck behandelt, erfahren wir ausschließlich seine Sicht der Dinge (in der er sich natürlich absolut im Recht sieht).
Zelazny hingegen stellt den Taten entsprechende Reaktionen aus Jacks Umwelt gegenüber - Nebenfiguren, die ihn darauf hinweisen, dass es verwerflich ist, was er tut. Nicht zuletzt reagieren die Frauen selbst entsprechend abgestoßen. Sehr cool fand ich es auch, dass Jack schlussendlich bestimmte Taten bereut und sich entschuldigt - ihm die Annahme der Entschuldigung und somit die Entlastung von dem, was er tat, aber verwehrt bleibt.

Erwähnte ich, dass ich Zelazny-Fan bin? 
Soulless by Gail Carriger

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adventurous funny lighthearted mysterious fast-paced
  • Plot- or character-driven? A mix
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? Yes
  • Diverse cast of characters? N/A
  • Flaws of characters a main focus? It's complicated

4.0

 Miss Alexia Tarrabotti hat es nicht leicht: Sie hat keine Seele, einen italienischen und zu allem Überfluss auch noch toten Vater (dem sie einen überaus unschicklichen Hautton und eine viel zu große Nase verdankt - neben der Seelenlosigkeit, versteht sich) und außerdem hat sie ein außergewöhnliches Talent dafür, in skandalöse Situationen zu geraten. So endet ihr Versuch, sich auf einer enttäuschend häppchenarmen Party einen unhöflicherweise organisierten Tee mit etwas Gebäck zu gönnen, mit einem toten Vampir in der Bibliothek. Es folgt eine Verkettung unglücklicher Ereignisse und Umstände, die Alexia mitten hineinziehen in die Interessenssphären von Werwölfe, Vampiren, Wissenschaftlern und verschiedener heiratswilliger Herrschaften.

Sprachlich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig und ich habe zum ersten Mal seit Langem ein paar zentrale Vokabeln nachschlagen müssen. Danach liest es sich aber locker runter und macht Laune. Ich mag das Worldbuilding mit den in die englische Gesellschaft integrierten Übernatürlichen. Ich hab schon mitbekommen, dass ich mit meiner Zuneigung zu Lord Akeldama nicht alleine bin, aber ich glaube, mein zweiter Lieblingscharakter ist Professor Lyall, von dem ich wirklich hoffe, im zweiten Band noch mehr zu bekommen. <3

Das Buch hat gerade zu Beginn ein paar Längen - ein Phänomen, das mir nicht nur hier auffällt, sondern das so ein Ding mit solchen sprachlich an Jane Austen angelehnten Erzählungen zu sein scheint. Während bei Austen jede Szene ihren Zweck erfüllt, vergessen die Nachahmer:innen gelegentlich, dass die Dialoge neben der Unterbringung einer möglichst großen Anzahl an abstrusen Vokabeln auch inhaltlich irgendeinem Zweck dienen sollten.

Trotzdem sehr lesenswert und unterhaltsam, ich freu mich auf den zweiten Band! 
Gossamer Axe by Gael Baudino

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adventurous dark inspiring reflective medium-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? It's complicated
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? Yes
  • Flaws of characters a main focus? It's complicated

3.0

 Christa lebt zurückgezogen im Denver der späten 1980er, wo sie ihr Geld als Harfenlehrerin verdient. Doch die stille Frau mit den wallenden roten Haaren hat ein Geheimnis: Geboren als Chairiste Ní Cummen im 6. Jahrhundert im alten Irland wurde sie dereinst ausgebildet in den Geheimnissen der Musik und ihrer Magie. Bis ihr Stolz sie und ihre Geliebte Siudh/Judith in die Welt des Feenvolkes führte, wo sie sich erhofften, von den wahren Meistern lernen zu können. Während es Chairiste gelangt, wieder zu entkommen, blieb ihre Geliebte zurück im sternenlosen Land ohne Wandel. Chairiste - nun Christa - hat nur eine Chance, sie zu befreien - sie muss den Harfenmeister der Sidhe im musikalischen Duell besiegen. Doch wie soll sie einen Meister mit Millenien an Erfahrung auf dem eigenen Feld schlagen? Was ihr über die Jahrhunderte hinweg mehrfach misslang, scheint in greifbare Nähe zu rücken, als Christa die elektrisch verstärkte Macht des Heavy Metal kennenlernt.

Ok Leute, das klingt jetzt erstmal total cheesy, aber stay with me and hear me out! Das Buch ist wirklich gut und hat nicht ohne Grund 1990 den Lambda Literary Award for Lesbian Science Fiction & Fantasy gewonnen. Es glänzt in drei unterschiedlichen Bereichen, die es mühelos zu einer kohärenten Geschichte verbindet:

Erstens ist es keine zu unterschlagende Leistung, Musik in Worte zu fassen. Das, was ich höre und fühle, sichtbar zu machen, in Schrift auf Papier ... Wahnsinn. Dieses Buch beinhaltet einige der großartigsten Musikszenen, die ich bislang lesen durfte. Während der Proben und Bandauftritte hatte ich die schnellen Gitarrensoli, den mitreissenden Rhythmus, die ausdrucksstarke Stimme der Sängerin und die Verbindung aller durch moderne Technik im Ohr. Ihr habt Bock auf Heavy Metal? Das ist euer Buch!

Zweitens: Ich liebe es, wie die Autorin Magie und Musik zusammenbringt. Musik ist wohl neben Sprache ohnehin das nächste, was wir an "echter" Magie so haben. Aber neben diesem Aspekt wird hier tatsächlich Magie geschaffen, gewebt durch Tonleitern, Arpeggien, Harmonien und Dissonanzen, gewirkt durch geheimnisvolle beseelte Instrumente und die innere Kraft derer, die sie spielen. Ihr habt Bock auf großartige Vorbilder für D&D-Bard:innen, die nicht nur hold auf der Laute klampfen? Das ist euer Buch!

Drittens: Neben seinen magischen und musikalischen Aspekten ist dieses Buch auch tief verwurzelt in den USA der späten 1980er. Die herausfordernde Situation vieler Frauen, Schwarzer, Homosexueller (und jener, die in mehrfacher Hinsicht Diskriminierung ausgesetzt sind) ist zentraler Bestandteil der Erzählung. Die Protagonist:innen der Erzählung lösen sich aus verfahrenen Denk- und Verhaltensmustern und finden Befreiung in der selbstgewählten Gemeinschaft. Auch in dieser Hinsicht sehr lesenswert.

Das Buch hat definitiv seine Schwachstellen. Christa tritt regelmäßig als Erlöserin auf, die andere (teils gegen deren Willen) aus einer von ihr festgestellten schlechten Lage befreit und sie auf den rechten Pfad führt. Die vermeintliche Freiheit scheint mir in vielen Punkten nur der Wechsel von einer Abhängigkeit (von Männern, der eigenen Familie, verfahrenen Denkmustern) in eine andere (nämlich die von Christa und ihrer Weisheit und Anerkennung) zu sein. Auch die ganzen Wicca-Elemente und das Geschwafele um die wundervolle heile Welt der alten Iren fand ich eher beknackt. Gerade diese weltanschaulichen Elemente sorgen dafür, dass das Buch so seine Längen hat.

Trotz seiner schwächeren Aspekte mochte ich den Roman - die coolen Musikszenen und die Tatsache, dass es eine bombastische - überraschend ins Splatterige abgleitende - musikalische "Endschlacht" gibt, reißens für mich mehr als raus. Echte Empfehlung, wenn auch leider etwas schwer zu beschaffen.