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travelartandbookblogger's reviews
80 reviews
Dunkelgrün fast schwarz by Mareike Fallwickl
5.0
Ich habe mich verliebt. In Dunkelgrün fast schwarz von Mareike Fallwickl. Zuerst in den wundervollen Schreibstil, dann in die Kreativität, die auf jeder Seite mitschwingt und sich wirklich bewunderns- und liebenswert in mein sprachliches Herz geschlichen hat, zuletzt in die spannende weil tragische Geschichte zweier Männer - Moritz und Raffael, die in ihrer Kindheit unzertrennlich waren, aus den Leser*innen zunächst jedoch unerfindlichen Gründen sich inzwischen aus den Augen verloren haben. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven zu verschiedenen Zeiten, dabei sind die Charaktere super authentisch, trotz der Unterschiedlichkeit untereinander - das muss man als Autor*in erst einmal schaffen! Der Roman hat einfach von allem etwas: Spannung, Familienzwist, man schlittert von der einen katastrophalen Entwicklung in die nächste, immer mehr Geheimnisse werden gelüftet, krasse Überraschungsmomente bis hin zu überzeugenden, nicht aufgesetzten, sondern prickelnden Erotiksequenzen. Und jetzt bin ich so traurig, dass ich ihn fertig gelesen habe :( mehr davon!
Fragen, die mir zum Holocaust gestellt werden by Susanne Dahmann, Hédi Fried
4.0
Fragen, die mir zum Holocaust gestellt werden ist eine Ansammlung von knapp 50 Fragen, die der Autorin Hédi Fried bei ihren Vorträgen in Schulen gestellt wurden. Sie stammt ursprünglich aus Sighetu Marmației in Siebenbürgen, das zunächst zu Rumänien, später dann zu Ungarn und heute wieder zu Rumänien gehört, aus einer Ungarisch sprechenden jüdischen Familie. In den 40er Jahren wurden sie und ihre Familie unter anderem nach Auschwitz deportiert, überlebt haben Hédi und ihre Schwester.
Um die schrecklichen Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, haben die beiden es sich zur Lebensaufgabe gemacht, in Schulen Aufklärungsarbeit zu leisten. Aus diesen Vorträgen wurden verschiedene Fragen zu ihrem Leben vor, während und nach dem Holocaust entnommen. Vieles davon war mir schon bekannt oder konnte ich nachvollziehen, jedoch gab es auch einiges, womit ich mich bislang noch so gar nicht beschäftigt habe: besonders die Fragen über Schweden sind sehr interessant und auch die Vergleiche zur heutigen Situation mit den Flüchtlingen finde ich spannend und lehrreich.
Was mich tatsächlich ein bisschen gestört hat, war, dass viele aufeinanderfolgende Kapitel thematisch nicht so ganz zueinander gepasst haben, schön wären Überleitungen gewesen oder eine Einteilung in Kapitel. Auch sind die Antworten auf die Fragen sehr kurz gehalten, sodass nicht wirklich ein Lesefluss oder richtiges Hineinversetzen/Empathie/Mitgefühl entstehen kann, weil man von einem Ereignis direkt ins nächste gezogen wird.
Allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass sich die Fragen sehr gut im Unterricht behandeln lassen: also, dass man sich zum Beispiel ein, zwei Fragen aussucht, sie als Klasse oder mit seinen Kindern gemeinsam liest, um anschließend darüber zu sprechen. Allgemein würde ich sagen, dass sich Frieds Werk sehr gut als ein erster Schritt, vor allem auch geeignet für Jugendliche, macht, um sie an die Thematik langsam heranzuführen. Menschen, die sich vielleicht schon intensiver damit beschäftigt haben, erfahren jetzt nicht unbedingt sehr viel Neues/Spektakuläres. Vielleicht ein bisschen einen anderen Blickwinkel und ein paar persönliche Erzählungen.
Um die schrecklichen Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, haben die beiden es sich zur Lebensaufgabe gemacht, in Schulen Aufklärungsarbeit zu leisten. Aus diesen Vorträgen wurden verschiedene Fragen zu ihrem Leben vor, während und nach dem Holocaust entnommen. Vieles davon war mir schon bekannt oder konnte ich nachvollziehen, jedoch gab es auch einiges, womit ich mich bislang noch so gar nicht beschäftigt habe: besonders die Fragen über Schweden sind sehr interessant und auch die Vergleiche zur heutigen Situation mit den Flüchtlingen finde ich spannend und lehrreich.
Was mich tatsächlich ein bisschen gestört hat, war, dass viele aufeinanderfolgende Kapitel thematisch nicht so ganz zueinander gepasst haben, schön wären Überleitungen gewesen oder eine Einteilung in Kapitel. Auch sind die Antworten auf die Fragen sehr kurz gehalten, sodass nicht wirklich ein Lesefluss oder richtiges Hineinversetzen/Empathie/Mitgefühl entstehen kann, weil man von einem Ereignis direkt ins nächste gezogen wird.
Allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass sich die Fragen sehr gut im Unterricht behandeln lassen: also, dass man sich zum Beispiel ein, zwei Fragen aussucht, sie als Klasse oder mit seinen Kindern gemeinsam liest, um anschließend darüber zu sprechen. Allgemein würde ich sagen, dass sich Frieds Werk sehr gut als ein erster Schritt, vor allem auch geeignet für Jugendliche, macht, um sie an die Thematik langsam heranzuführen. Menschen, die sich vielleicht schon intensiver damit beschäftigt haben, erfahren jetzt nicht unbedingt sehr viel Neues/Spektakuläres. Vielleicht ein bisschen einen anderen Blickwinkel und ein paar persönliche Erzählungen.
Die Liebe Geld. Eine Komödie by Daniel Glattauer
5.0
Die Liebe Geld ist eine herrliche Komödie aus der Feder des wunderbaren Daniel Glattauer voller Klischees, an denen vielleicht sogar ganz schön viel Wahrheit klebt - getreu dem Motto docere, delectare, movere.
Im Vordergrund steht dabei definitiv die Unterhaltung, der Subtext hat jedoch ganz schön viel Gesellschaftskritik in sich. Ob es die ungerechte Finanzwelt ist, automatisierte Prozesse, in denen Mensch durch Maschine ersetzt wird, die Diskussion um die Abschaffung von Bargeld, Vetternwirtschaft oder der kleine Mann.
Um die Liebe geht es meines Erachtens nach aber herzlich wenig, zumindest nicht um die Liebe zwischen Menschen, vielmehr um die Liebe zur Freiheit, zur Selbstbestimmung, zum Leben.
Schlusswort: Ich finde es ganz schön traurig, dass Corona es jetzt in die Literatur geschafft hat - zeitgemäß, aber traurig. :( vielen Dank für das kurzweilige Lesevergnügen, ich habe mich lange schon nicht mehr so amüsiert - mehr davon!
Im Vordergrund steht dabei definitiv die Unterhaltung, der Subtext hat jedoch ganz schön viel Gesellschaftskritik in sich. Ob es die ungerechte Finanzwelt ist, automatisierte Prozesse, in denen Mensch durch Maschine ersetzt wird, die Diskussion um die Abschaffung von Bargeld, Vetternwirtschaft oder der kleine Mann.
Um die Liebe geht es meines Erachtens nach aber herzlich wenig, zumindest nicht um die Liebe zwischen Menschen, vielmehr um die Liebe zur Freiheit, zur Selbstbestimmung, zum Leben.
Schlusswort: Ich finde es ganz schön traurig, dass Corona es jetzt in die Literatur geschafft hat - zeitgemäß, aber traurig. :( vielen Dank für das kurzweilige Lesevergnügen, ich habe mich lange schon nicht mehr so amüsiert - mehr davon!
99 harmlose Fragen für überraschende Unterhaltungen zwischen Eltern und Kindern: Für die Jahre 5 bis 10 by Ralph Caspers
4.0
Wissenswert und lustig, aber auch philosophisch und dennoch kindgerecht stellt Ralph Caspers in seinem Hörbuch vermeintlich harmlose Fragen, die manchmal aber doch ganz schön deep sind. Besonders interessant ist die Mischung zwischen Fragen, die man sich schon oft gestellt hat wie beispielsweise Hund oder Katze, ist das Glas halb voll oder halb leer oder ob Huhn oder Ei zuerst da war und solchen, bei denen man sich fragt: wie kommt man denn auf so etwas? wie zum Beispiel wer muss den Maibaum wegbringen, wenn du ein Lied im Radio hörst: wo ist dann das Lied oder ab wann ist ein altes Fahrrad ein neues Fahrrad. Es macht nicht nur richtig Spaß, Ralph Caspers zuzuhören, ich fühle mich auch direkt zurückversetzt in meine Wissen-macht-Ah-Kindheit: Kein Wunder, dass aus mir so eine Klugscheißerin geworden ist :D 99 harmlose Fragen schafft auf jeden Fall Gesprächsanreize, gibt Smalltalktipps und animiert zu kreativen Lösungsfindungen - zeitgleich ist es aber auch ein Hörbuch zum Selbstmitmachen. Keine Meinungen werden aufgezwungen, meist bleiben die Antworten offen, denn auf viele Fragen gibt es eben nicht die eine Antwort. Ich denke, das Hörbuch kann Kinder und Erwachsene gleichermaßen unterhalten, fordern und weiterbringen. Vielen Dank, Ralph Caspers!
Malvita by Irene Diwiak
4.0
Malvita ist ein heruntergewirtschafteter italienischer Ort in der Toskana und namensgebend für den abstrusen gesellschaftskritischen Kriminalroman von Irene Diwiak.
Im Zentrum der Ereignisse steht die Österreicherin Christina, frisch getrennt - nachdem ihr Ex David sich auf ihre Ex-beste Freundin Miri eingelassen hat, mit einer Single-Mum - Anne - deren Schwester Ada in die reiche Familie Esposito eingeheiratet, die Christina bislang aber noch nicht kennengelernt hat. Dazu bekommt sie gleich zwei Cousinen - Elena und Marietta - und einen Cousin - Jordie.
Die Geschichte beginnt auf der Zugfahrt Christinas nach Malvita, wo sie als Fotografin auf der Hochzeit von Marietta einspringen soll, da die eigentliche Fotografin und gleichzeitig Trauzeugin Blanca verschwunden ist.
Relativ schnell wird man in den lebendigen, erfrischenden, erheiternden Schreibstil hineingezogen, Traum und Traumata vermischt mit den Ereignissen machen Christina irgendwie zu einer unzuverlässigen, fast schon fantastischen Erzählerin, was die Handlung noch einmal spannender macht - vor einer rätselhaften Kulisse - der aus sämtlichen Baustilen zusammengesetzten Villa Esposito, die mich total an das Haus „Blackstone“ in Die drei ??? - Der Feuerteufel erinnert. Es liegt etwas in der Luft.
Es sei an dieser Stelle nicht zu viel verraten, dass hinter Blancas Verschwinden ein Verbrechen steckt, dessen Aufklärung zunächst sehr an Knives Out erinnert - abgelegene trügerische Idylle, nur begrenzte Verdächtige, jede/r hat seine eigenen Geheimnisse zu verbergen - aber wer war es denn nun?
Gegen Ende lichten sich zwar einzelne Schicksale und Beweggründe, es bleibt jedoch Raum für verschiedene Interpretationen - Ist der Roman als Kritik am Feminismus zu verstehen? Stellt er überspitzt dar, was strukturelle Ungerechtigkeit der Geschlechter auslösen kann? Ruft er zum Zusammenhalt unter Frauen auf? Oder bildet er schlichtweg die Feigheit der Männer ab?
Definitiv einmal ein etwas anderes Leseerlebnis!
Im Zentrum der Ereignisse steht die Österreicherin Christina, frisch getrennt - nachdem ihr Ex David sich auf ihre Ex-beste Freundin Miri eingelassen hat, mit einer Single-Mum - Anne - deren Schwester Ada in die reiche Familie Esposito eingeheiratet, die Christina bislang aber noch nicht kennengelernt hat. Dazu bekommt sie gleich zwei Cousinen - Elena und Marietta - und einen Cousin - Jordie.
Die Geschichte beginnt auf der Zugfahrt Christinas nach Malvita, wo sie als Fotografin auf der Hochzeit von Marietta einspringen soll, da die eigentliche Fotografin und gleichzeitig Trauzeugin Blanca verschwunden ist.
Relativ schnell wird man in den lebendigen, erfrischenden, erheiternden Schreibstil hineingezogen, Traum und Traumata vermischt mit den Ereignissen machen Christina irgendwie zu einer unzuverlässigen, fast schon fantastischen Erzählerin, was die Handlung noch einmal spannender macht - vor einer rätselhaften Kulisse - der aus sämtlichen Baustilen zusammengesetzten Villa Esposito, die mich total an das Haus „Blackstone“ in Die drei ??? - Der Feuerteufel erinnert. Es liegt etwas in der Luft.
Es sei an dieser Stelle nicht zu viel verraten, dass hinter Blancas Verschwinden ein Verbrechen steckt, dessen Aufklärung zunächst sehr an Knives Out erinnert - abgelegene trügerische Idylle, nur begrenzte Verdächtige, jede/r hat seine eigenen Geheimnisse zu verbergen - aber wer war es denn nun?
Gegen Ende lichten sich zwar einzelne Schicksale und Beweggründe, es bleibt jedoch Raum für verschiedene Interpretationen - Ist der Roman als Kritik am Feminismus zu verstehen? Stellt er überspitzt dar, was strukturelle Ungerechtigkeit der Geschlechter auslösen kann? Ruft er zum Zusammenhalt unter Frauen auf? Oder bildet er schlichtweg die Feigheit der Männer ab?
Definitiv einmal ein etwas anderes Leseerlebnis!
Das Flüstern der Bäume by Michael Christie
4.0
„Das Flüstern der Bäume“ von Michael Christie zieht einen, ob man will oder nicht, komplett in seinen Bann. Man kämpft sich durch Jahrzehnte, Einzelschicksale, aber auch das große Ganze. Jacinda Greenwood lebt im Jahr 2038 als sie von ihrem Ex über ihre Familiengeschichte aufgeklärt wird. Sie arbeitet als Pilgerführerin auf Greenwood Island in Kanada. Einem - zu dieser Zeit - der letzten lebenswerten Orte weltweit, denn der Kapitalismus und die Konsumgesellschaft haben schreckliche Umweltfolgen nach sich gezogen, und lediglich die Elite ist noch in der Lage, dem Staub, dem großen Welken, zu entkommen. Dieser Einblick in eine möglicherweise uns bevorstehende Zukunft macht einem definitiv ein wahnsinnig schlechtes Gewissen, wie wir mit der Natur umgehen.
Im Vordergrund steht neben dem Respekt für unseren Planeten, vor allem für jene Bäume, die es schon Jahrtausende vor uns gab, eine tragische Familiengeschichte, deren Ausgang man bereits kennt. Nicht jedoch die Abbiegungen des Zufalls, welche zu solch einem Ende führten. Spannend sind also vor allem die Ursachen, die zum Zwist der Brüder Everett und Harris geführt haben, wie schließlich das entführte Mädchen, Tochter von R.J. Holt in die Hände des verhassten Bruders Harris Greenwood gelangen konnte und auch wenn man ja schon weiß, inwieweit sich die Ereignisse auf die Zukunft ausgewirkt haben, so bleibt es dennoch zu jedem Zeitpunkt aufregend, jede Konsequenz, die gleichzeitig eine weitere und eine weitere nach sich zog, von Seite zu Seite aufzudecken (immer ein paar unerwartete Geheimnischen in petto) - zu verschiedenen Jahrzehnten, aus unterschiedlichen Perspektiven. Zuweilen verliert man sich dabei auch ein wenig.
Bei der Hetzjagd auf Tagebuch und Kind weiß man gar nicht so recht, für welche Seite man sich entscheiden soll, denn der arme Harvey Lomax kann einem einfach nur leidtun. Es gibt irgendwie nicht so richtig nur gut oder nur böse, wie das im Leben ja eigentlich auch meistens so ist. Die ganz große Stärke dieses Romans ist meiner Meinung nach auf jeden Fall, dass er rückwärts erzählt wird, man also eigentlich alles schon weiß, aber im Grunde irgendwie auch nicht, und man sich ständig die Frage stellt: wie konnte es nur zu dieser Entwicklung kommen?
Vielleicht haben wir ja doch selbst noch einiges in der Hand, dass unsere Zukunft ein wenig rosiger aussieht…?
Im Vordergrund steht neben dem Respekt für unseren Planeten, vor allem für jene Bäume, die es schon Jahrtausende vor uns gab, eine tragische Familiengeschichte, deren Ausgang man bereits kennt. Nicht jedoch die Abbiegungen des Zufalls, welche zu solch einem Ende führten. Spannend sind also vor allem die Ursachen, die zum Zwist der Brüder Everett und Harris geführt haben, wie schließlich das entführte Mädchen, Tochter von R.J. Holt in die Hände des verhassten Bruders Harris Greenwood gelangen konnte und auch wenn man ja schon weiß, inwieweit sich die Ereignisse auf die Zukunft ausgewirkt haben, so bleibt es dennoch zu jedem Zeitpunkt aufregend, jede Konsequenz, die gleichzeitig eine weitere und eine weitere nach sich zog, von Seite zu Seite aufzudecken (immer ein paar unerwartete Geheimnischen in petto) - zu verschiedenen Jahrzehnten, aus unterschiedlichen Perspektiven. Zuweilen verliert man sich dabei auch ein wenig.
Bei der Hetzjagd auf Tagebuch und Kind weiß man gar nicht so recht, für welche Seite man sich entscheiden soll, denn der arme Harvey Lomax kann einem einfach nur leidtun. Es gibt irgendwie nicht so richtig nur gut oder nur böse, wie das im Leben ja eigentlich auch meistens so ist. Die ganz große Stärke dieses Romans ist meiner Meinung nach auf jeden Fall, dass er rückwärts erzählt wird, man also eigentlich alles schon weiß, aber im Grunde irgendwie auch nicht, und man sich ständig die Frage stellt: wie konnte es nur zu dieser Entwicklung kommen?
Vielleicht haben wir ja doch selbst noch einiges in der Hand, dass unsere Zukunft ein wenig rosiger aussieht…?
Hingabe by Bénédicte Belpois
4.0
Bénédicte Belpois hat mit Hingabe einen sprachlich sehr ansprechenden Roman mit erotischen Elementen vor der Kulisse des kleinen galicischen Dorfes Lugo voller traditionell konservativer Rollenbilder geschaffen. Im Zentrum der Ereignisse steht der wohlhabende, bedauerlicherweise jedoch an Krebs erkrankte Landwirt Tomás, aus dessen Perspektive meist berichtet wird.
Eines Tages tritt die sogenannte Suiza in sein Leben, die scheinbar aus der französischen Schweiz stammt und deshalb von den Dorfbewohner*innen so genannt wird. Er fühlt sich auf der Stelle zu ihr hingezogen, was gleichzeitig mit dem Wunsch einhergeht, sie besitzen und unterdrücken zu wollen.
Ich kann total nachvollziehen, wenn man mit den zeitweise doch sehr heftigen und gewaltigen Gedanken und Fantasien des Protagonisten nicht zurechtkommt - ich selbst bin auch absolut nicht mit dem vermittelten Bild von Mann und Frau d’accord. Und dennoch hat für mich der Roman eine tiefere Ebene, die mich ergriffen und sehr berührt hat.
Es war wunderschön mitzuerleben, welche Entwicklung Tomás und Suiza jeweils und auch in Interaktion miteinander durchmachen. Wie beide den anderen immer besser verstehen lernen. Hingabe lebt für mich total vom Schreibstil Belpois’ beziehungsweise der sehr guten Übersetzung von Eva Scharenberg und der Dynamik und Authentizität der Charaktere, die mir im Verlauf der Geschichte total ans Herz gewachsen sind. Der alte Ramón, der liebenswürdige Prinz Lope, die herzensgute Agustina, ja sogar der Wirt Álvaro.
Eines Tages tritt die sogenannte Suiza in sein Leben, die scheinbar aus der französischen Schweiz stammt und deshalb von den Dorfbewohner*innen so genannt wird. Er fühlt sich auf der Stelle zu ihr hingezogen, was gleichzeitig mit dem Wunsch einhergeht, sie besitzen und unterdrücken zu wollen.
Ich kann total nachvollziehen, wenn man mit den zeitweise doch sehr heftigen und gewaltigen Gedanken und Fantasien des Protagonisten nicht zurechtkommt - ich selbst bin auch absolut nicht mit dem vermittelten Bild von Mann und Frau d’accord. Und dennoch hat für mich der Roman eine tiefere Ebene, die mich ergriffen und sehr berührt hat.
Es war wunderschön mitzuerleben, welche Entwicklung Tomás und Suiza jeweils und auch in Interaktion miteinander durchmachen. Wie beide den anderen immer besser verstehen lernen. Hingabe lebt für mich total vom Schreibstil Belpois’ beziehungsweise der sehr guten Übersetzung von Eva Scharenberg und der Dynamik und Authentizität der Charaktere, die mir im Verlauf der Geschichte total ans Herz gewachsen sind. Der alte Ramón, der liebenswürdige Prinz Lope, die herzensgute Agustina, ja sogar der Wirt Álvaro.
Die Nickel Boys by Colson Whitehead
5.0
Die Nickel Boys - beruhend auf wahren Begebenheiten - von Colson Whitehead, 2020 ausgezeichnet mit dem Pulitzerpreis, ist die Geschichte von Elwood Curtis, einem schwarzen Jungen, der von seinen Eltern verlassen bei seiner Großmutter in den 1960er Jahren in Tallahassee, Florida aufwächst, schon früh unter der amerikanischen Rassentrennung gelitten hat, und dennoch von Bildung und einem besseren Leben träumt.
Mit seinen 16 Jahren ist er sehr fleißig, anständig, besitzt Ideale und Moralvorstellungen und möchte auf‘s College gehen. An seinem ersten Tag auf dem Weg dorthin, fährt er per Anhalter. Als sich schließlich herausstellt, dass das Auto gestohlen war, muss er in eine Besserungsanstalt, das sogenannte Nickel. Dort bekommt er Willkür, Ungerechtigkeiten und Rassismus am eigenen Leib durch Auspeitschen zu spüren. Aber er findet auch Freundschaften, wird nicht gebrochen, behält sich bis zuletzt seine Vorstellungen von einer besseren Welt.
Der Roman hat mich so sehr schockiert und bewegt, ich kann die Wut gar nicht in Worte fassen, und ich kann es nicht verstehen, dass es bis heute Menschen gibt, die andere Menschen diskriminieren, aus welchen Gründen auch immer. Die Nickel Boys ist für mich definitiv ein Buch, von dem ich sage, dass es jede*r lesen sollte, würde ich auch gerne als Schullektüre vorschlagen.
Mit seinen 16 Jahren ist er sehr fleißig, anständig, besitzt Ideale und Moralvorstellungen und möchte auf‘s College gehen. An seinem ersten Tag auf dem Weg dorthin, fährt er per Anhalter. Als sich schließlich herausstellt, dass das Auto gestohlen war, muss er in eine Besserungsanstalt, das sogenannte Nickel. Dort bekommt er Willkür, Ungerechtigkeiten und Rassismus am eigenen Leib durch Auspeitschen zu spüren. Aber er findet auch Freundschaften, wird nicht gebrochen, behält sich bis zuletzt seine Vorstellungen von einer besseren Welt.
Der Roman hat mich so sehr schockiert und bewegt, ich kann die Wut gar nicht in Worte fassen, und ich kann es nicht verstehen, dass es bis heute Menschen gibt, die andere Menschen diskriminieren, aus welchen Gründen auch immer. Die Nickel Boys ist für mich definitiv ein Buch, von dem ich sage, dass es jede*r lesen sollte, würde ich auch gerne als Schullektüre vorschlagen.
Marina by Carlos Ruiz Zafón
4.0
Marina von Carlos Ruiz Zafón ist die Geschichte des im Internat lebenden Junges Óscar Drai, der sich mit dem Mädchen Marina, dessen Vater der berühmte Maler Germán Blau ist und dessen Mutter die Opernsängerin Kirsten Auermann, die jedoch an einer Blutkrankheit verstorben ist, war, anfreundet.
Vordergründig reißt einen eine geheimnisvolle Abenteuergeschichte, auf den Spuren einer ominösen Frau auf einem Friedhof, mit. Im Laufe der Seiten verwandelt sich dieses Abenteuer jedoch immer mehr in eine fantastische Horrorgeschichte voller Mysterien.
Der Roman ist ein perfektes Beispiel dafür, dass ein und dieselbe Geschichte immer verschieden sein kann, je nachdem, aus welcher Perspektive sie erzählt wird.
Es ist eine Geschichte über Freundschaft, tiefempfundene Liebe, aber auch über Wissenschaft, Fortschritt, Mensch, Maschine, Leben und Tod.
Vordergründig reißt einen eine geheimnisvolle Abenteuergeschichte, auf den Spuren einer ominösen Frau auf einem Friedhof, mit. Im Laufe der Seiten verwandelt sich dieses Abenteuer jedoch immer mehr in eine fantastische Horrorgeschichte voller Mysterien.
Der Roman ist ein perfektes Beispiel dafür, dass ein und dieselbe Geschichte immer verschieden sein kann, je nachdem, aus welcher Perspektive sie erzählt wird.
Es ist eine Geschichte über Freundschaft, tiefempfundene Liebe, aber auch über Wissenschaft, Fortschritt, Mensch, Maschine, Leben und Tod.
Ein Lied für die Vermissten by Pierre Jarawan
5.0
Mich hat die Art zu erzählen, so sympathisch leicht aber auch poetisch tiefgründig, weit ausholend, sodass man keine Ahnung hat, wohin die Reise geht, man weiß nur: sie wird lang sein und voll, von Ein Lied für die Vermissten von Pierre Jarawan so sehr fasziniert. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals ein deutschsprachiges Buch, das sich so vieler unterschiedlicher Wörter bedient hat, gelesen zu haben. Sprachlich gesehen spielt es für mich also ganz, ganz weit oberste Liga. Ein paar Zitate, die das bestätigen und die ich mir einfach notieren musste:
„In einigen Räumen wohnen die, die sich an nichts erinnern wollen. In anderen hausen die, die nicht vergessen können. Und oben wohnen immer die Mörder.“ (26f)
„Das Erzählen [...] kann nichts von dem, was verloren ist, zurückholen. Aber es kann das Verlorene erfahrbar machen.“ (106)
„Das gesamte Alphabet lag zwischen den Anfangsbuchstaben unserer Namen, doch wann immer ich nach Worten suchte, kollabierten die Sätze in meinem Kopf. Es gab noch so viel zu sagen.“ (218f.)
„Die Leere zwischen den Wörtern ist eine Einladung an uns, sie mit Fantasie zu füllen.“ (235)
„Die Dinge, die ich gesehen habe, ich vergesse sie tausend Mal am Tag, und tausend Mal kommen sie wieder zurück.“ (266)
Formal brilliert das Werk ebenfalls durch die zahlreichen Zeitsprünge und Perspektivwechsel, die zwar irgendwie verwirren, aber letztenendes doch immer zuzuordnen bzw. einzuordnen sind, und die unaufgeregten und indirekten Cliffhanger fesseln total!
Inhaltlich dreht sich alles um Amin, der im Libanon geboren, vor dem Bürgerkrieg geflohen jedoch einige Jahre im deutschen Exil verbracht hat, nun aber wieder mit seiner Großmutter nach Beirut zurückgekehrt ist. Während unterschiedlicher Stationen seines Lebens trifft er immer wieder auf Menschen, die ihn durch Schweigen vor etwas beschützen wollen. Es geht um Verdrängen, Vergessen, Aufarbeitung, Erinnern. Um Rache, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung, Unrecht. Nach dem Lesen schäme ich mich schon fast dafür, dass mir ein für so viele Menschen furchtbares Schicksal, als Unterhaltung dient, denn mich hat die Lektüre zwar sehr bewegt aber mir auch wirklich geholfen, die mir bislang total fremde arabische Welt näherzubringen.
„In einigen Räumen wohnen die, die sich an nichts erinnern wollen. In anderen hausen die, die nicht vergessen können. Und oben wohnen immer die Mörder.“ (26f)
„Das Erzählen [...] kann nichts von dem, was verloren ist, zurückholen. Aber es kann das Verlorene erfahrbar machen.“ (106)
„Das gesamte Alphabet lag zwischen den Anfangsbuchstaben unserer Namen, doch wann immer ich nach Worten suchte, kollabierten die Sätze in meinem Kopf. Es gab noch so viel zu sagen.“ (218f.)
„Die Leere zwischen den Wörtern ist eine Einladung an uns, sie mit Fantasie zu füllen.“ (235)
„Die Dinge, die ich gesehen habe, ich vergesse sie tausend Mal am Tag, und tausend Mal kommen sie wieder zurück.“ (266)
Formal brilliert das Werk ebenfalls durch die zahlreichen Zeitsprünge und Perspektivwechsel, die zwar irgendwie verwirren, aber letztenendes doch immer zuzuordnen bzw. einzuordnen sind, und die unaufgeregten und indirekten Cliffhanger fesseln total!
Inhaltlich dreht sich alles um Amin, der im Libanon geboren, vor dem Bürgerkrieg geflohen jedoch einige Jahre im deutschen Exil verbracht hat, nun aber wieder mit seiner Großmutter nach Beirut zurückgekehrt ist. Während unterschiedlicher Stationen seines Lebens trifft er immer wieder auf Menschen, die ihn durch Schweigen vor etwas beschützen wollen. Es geht um Verdrängen, Vergessen, Aufarbeitung, Erinnern. Um Rache, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung, Unrecht. Nach dem Lesen schäme ich mich schon fast dafür, dass mir ein für so viele Menschen furchtbares Schicksal, als Unterhaltung dient, denn mich hat die Lektüre zwar sehr bewegt aber mir auch wirklich geholfen, die mir bislang total fremde arabische Welt näherzubringen.