Daten lügen nicht. So sagt man. Doch was passiert, wenn die Daten die Hälfte der Bevölkerung gar nicht erfasst? Wie gut sind sie dann noch? Caroline Criado Pérez geht genau dieser Frage auf den Grund.
"Unsichtbare Frauen: Wie eine von Männern gemachte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert" ist ein verständlich und eindringlich geschriebenes Sachbuch über die Tatsache, dass durch Strukturen, die seit jeher den Mann als das Bild des Menschen darstellen, Frauen systematisch ausgeschlossen werden. Dabei erhebt die Autorin keine Anschuldigungen, sondern zeigt die aktuelle Studien- und Faktenlage auf.
Und genau diese war für mich erschreckend. Einige Fakten waren mir bereits bekannt, wie zum Beispiel die Festsetzung der Raumtemperatur in Bürogebäuden auf dem Modell eines 70kg schweren Mannes beruht. Andere von mir hingenommene und nicht hinterfragte Tatsachen, wie längere Wege zwischen Einkaufen, Büro, Kita und Arzt, setzt Criado Pérez in Zusammenhang mit fehlenden Daten (Gender Data Gap) und fehlender Beteiligung von Frauen.
Dieses Buch hat mich überrascht, wütend gemacht und weiter aufgeklärt. Und die Autorin zeigt einen Ausweg aus dieser Situation: Messt endlich vollständig!
Mittlerweile sollte auch dem Letzten (bewusst die männliche Form genutzt) klar sein, dass Frauen sich im Alltag so manchen Bullshit anhören müssen. Tatjana Kiel, Susanne Schlösser und viele weitere Frauen teilen in diesem Hörbuch ihre persönlichen Erfahrungen und was diese in ihnen ausgelöst hat. Nach jeder Geschichte erfolgen Tipps, wie man den geäußerten Bullshit gekonnt kontern kann und wie man auf die Klassiker von "Wer kümmert sich um Ihre Kinder, wenn sie arbeiten?" bis "Du hast dich doch hochgeschlafen" reagiert.
Der Aufbau ist beschwingt und macht beim Hören Spaß. Sprecherin Janna Ambrosy verleiht den Geschichten die richtige Mischung aus nötigem Ernst und Humor.
Die Geschichten sind sehr unterschiedlich und doch eint sie alle eins: die Vorurteile gegenüber erfolgreichen Frauen, Müttern, Singles oder einfach Frauen als existierende Menschen.
Was mich jedoch mehr und mehr beim Hören gestört hat: die Konter. Für mich waren sie gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Die Konter wirkten zu oft bemüht witzig, ließen sich auf das Niveau des Gegenübers hinab oder wurden defensiv. Ich verstehe die Intention dahinter, jedoch hilft diese Art des Konters im Alltag wenig weiter. Anstatt zu erläutern, wie Frauen klar Grenzen ziehen und für sich einstehen können, wird in diesem Buch geraten, auf unsägliche Kommentare mit "Haha, ist ja witzig, ist das bei Ihnen daheim auch so?" zu antworten.
Alles in allem unterhaltsam, aber wenig hilfreich.
Mal ist eine KI, die als vollwertiger Bürger der USA anerkannt ist. Und er gerät in den Krieg zwischen Humanisten und Föderalisten. Während die Einen zurück zu einer Welt ohne KI wollen, möchten die Anderen alle Vorteile genießen. Mal könnte der Krieg egal sein. Bis er auf Kayleigh trifft und merkt, dass es gute Gründe gibt, Emotionen zu haben.
"Mal goes to war" war mein erster Roman von Edward Ashton und lässt mich unterhalten, aber unbeeindruckt zurück. Ich war neugierig auf eine Welt, in der KI und Menschen gemeinsam leben. Zudem habe ich über den Autoren viel Gutes gehört. Bekommen habe ich eine locker-leichte Geschichte ohne Thrill, dafür mit einigen Lachern und wenig Tiefe.
Im Mittelpunkt steht die KI Mal, die sich übers Infospace (die Weiterentwicklung des Internets) fortbewegt und eher per Zufall in einem Menschen mit KI-Bauteilen landet. Abgeschnitten von der digitalen Welt muss sich Mal als Mensch durchschlagen. Das birgt einige witzige Momente.
Doch so richtig zündet der Roman nicht. Vieles bleibt oberflächlich, ungesagt und unbehandelt. Ashton legt sein Hauptaugenmerk auf die verbalen Scharmützel seiner Figuren. Die Story selbst geht dabei leider unter.
Und so weiß ich jetzt schon: Das Buch wird mir nicht in Erinnerung bleiben.
Neve Harper ist eine der erfolgreichsten Strafverteidigerinnen. Und mit ihrem neusten Fall könnte sie in den Olymp aufsteigen: der Darling Prozess. Wade Darling wird beschuldigt, seine Frau und seine Kinder getötet zu haben um sie dann zu verbrennen. Neve ist zuversichtlich, ihren Mandanten vor dem Gefängnis bewahren zu können. Bis sie von einem Unbekannten bedroht wird und sich entscheiden muss, welches Schicksal ihr wichtiger ist.
"Die Schlafwandlerin" war mein erster Thriller von Jack Jordan und ich hatte hohe Erwartungen. Angepriesen als rasanter Thriller um ein moralisches Dilemma und mit Steve Cavanagh, einer meiner Lieblingsautoren, verglichen freute ich mich sehr auf die Lektüre. Nach einem Drittel war für mich Schluss. Meine Erwartungen wurden herb enttäuscht und ich konnte keinen Zugang zum Roman finden.
Neve Harper wirkte auf mich hölzern, stereotypisch und emotionslos. Und das, obwohl Jack Jordan ihre Gefühle und Eindrücke detailliert beschreibt. Jedoch fehlte mir da die Tiefe, die Glaubwürdigkeit. Zudem handelt die Hauptfigur für eine hartgesottene Strafverteidigerin kopflos, panisch und nicht zuletzt unprofessionell.
Auch die Geschichte verwirrte mich, als dass sie mich gefangen genommen hat. Die einzelnen Kapitel wirkten wie willkürlich zusammengestellt, als ob sie mit großem Zeitversatz erstellt wurden. Zusammenhänge waren zwar wahrnehmbar, aber der rote Faden war eher stiller Zuschauer.
Arthur Parnassus könnte glücklicher nicht sein. Mit seinem Partner Linus Baker und seinen 6 magisch begabten Kindern lebt er auf Marsayas in Frieden. Bis er eine Vorladung der englischen Regierung erhält. Er soll über seine Vergangenheit und über die Fähigkeiten seiner Kinder aussagen. Die Verhandlung gerät aus dem Ruder und schon sieht sich Arthur mit der Gefahr konfrontiert, seine Familie zu verlieren.
"Jenseits des Ozeans" ist die Fortsetzung von "Mr Parnassus' Heim für Magisch Begabte" und hat mich komplett begeistert. T.J. Klune erzählt eine bunte, queere und lehrreiche Geschichte, die mich laut lachen, vor Spannung zittern und auch weinen ließ.
Im Mittelpunkt stehen Arthur, Linus und ihre Kinder. Jedes Kind ist einzigartig begabt und hat eine schwere Zeit hinter sich, bevor es zu Arthur auf die Insel kam. Diese wunderbare Mischung aus grundlegend verschiedenen Charakteren, einer Geschichte um Hass, Ablehnung aber auch Toleranz und Liebe und einer bildhaften, humorvollen Erzählweise hat mich von Seite 1 in ihren Bann gezogen.
Ein absolutes Lesehighlight und eine klare Empfehlung.
Gerade in der aktuell andauernden politischen Situation fällt es mir schwer, tiefergehende Zusammenhänge zwischen rechten Strömungen, Verschwörungsmythen und ähnlichem zu erkennen. Zu oft wird geblendet, verschleiert oder so viel falsches erzählt, dass man zum wahren Kern nicht durchdringen kann.
Volker Weiß' Buch "Das Deutsche Demokratische Reich" befasst sich genau mit diesen Zusammenhängen und Ursprüngen. Wie wird Geschichte umgedeutet, neu erzählt und vor allem, wer hat da alles seine Finger im Spiel. Ich freute mich sehr auf die Lektüre um vieles zu lernen. Doch leider blieb ich überfordert zurück.
Volker Weiß trägt Fakten um Fakten zusammen, um aufzuzeigen, wie die Neue Rechte versucht, den Staat und die Demokratie von innen heraus zu zerstören. Zudem zeigt er auf, welche Rolle Russland dabei spielt und wie flexibel der extreme rechte Rand ist, wenn es um die eigene Weltanschauung geht. Des Weiteren schlägt der Autor den bogen zum 3. Reich und leistet hier Grundlagenarbeit zum Aufbau und Selbstverständnis der damaligen Führung.
Dies alles ist super hilfreich. Und doch tat ich mich von Beginn an schwer mit der Lektüre, da Volker Weiß sein Wissen sehr trocken, bürokratisch und in meinen Augen für ein wisssenschaftliches Publikum zusammenträgt. Ein einfacher Zugang zu den Themen wird dadurch verwehrt. Das ist mein größter Kritikpunkt an diesem so wichtigen Buch.
Man muss sich durch das Werk arbeiten wie durch einen wissenschaftlichen Aufsatz. Die Mühe ist es wert, Spaß macht es allerdings nicht.
Millie ist wütend. Auf den Mann, der ihre Schwester in einer Silvesternacht vergewaltigt hat. Auf die Männer, die Frauen im Club belästigen. Und diese Wut setzt sie in ein Projekt: Message M. Eine Selbsthilfe-Hotline, an die sich Frauen wenden können, wenn sie nicht mehr wissen, wie sie aus einer brenzligen Situationen entkommen können. Millie eilt immer zur Hilfe. Bis sie den ersten Mord begeht und auf den Geschmack kommt.
"How to kill a guy in ten ways" war mein erster Roman von Eve Kellman und hat mich nicht abgeholt. Das Versprechen, einen schwarzhumorigen Female-Revenge-Roman zu erhalten, konnte die Autorin nicht halten. Stattdessen war dieser Roman distanziert und leblos (Wortwitz!). und Millie als Hauptfigur so von Hass und Missgunst zerfressen, dass es mir schwer fiel, eine Verbindung zu ihr aufzubauen.
Eine Frau entwickelt sich zur Serienmörderin, um sich an Arschlöchern zu rächen. Das klang für mich großartig. Ich hoffte auf eine feministische, befreite Sicht und auf eine sympathische Figur. In beidem wurde ich mehr oder minder enttäuscht. Millie wirkte auf mich emotionslos, auch wenn sie über ihre Wut sprach. Es wirkte nicht echt. Zudem sind ihre Beweggründe, ihre Kommentare und ihre Selbstgerechtigkeit weder gut dargestellt noch überzeugend.
Ich habe bis zum Ende gelesen, weil ich den Stil ansprechend fand und immer hoffte, dass es noch eine überraschende Wendung gibt. Doch selbst das Ende ist so platt und weltfremd wie der Rest.
England, in nicht allzu ferner Zukunft: Die Sicherheit von Frauen steht im Mittelpunkt. Die Freiheit der Männer wird durch Ausgangssperre und Fußfessel empfindlich eingeschränkt. Das Konzept funktioniert gut. Bis eine Frau ermordet im Park aufgefunden wird. Die Verdächtige kann nur eine Frau sein. Denn wie sollte ein Mann alle Gesetze umgehen können?
"After Dark" war mein erster Thriller von Jayne Cowie und hatte mich aufgrund des Klappentextes und des Gedankenspiels "Was ist, wenn Männer sich nicht mehr frei bewegen können?" angezogen. Nach der Lektüre bin ich enttäuschter, als ich dachte.
Die Autorin baut ihren Roman auf der einfach anmutenden Idee "Frauen schützen, in dem Männer eingeschränkt werden und Frauen so viel Unterstützung wie nötig bekommen" auf und viele Aspekte haben durchaus ihren Reiz. Frauen werden staatlich unterstützt, genießen umfangreichen Schutz und Männer müssen sich bereits ab jungen Jahren diversen strengen Gesetzen unterordnen. Die Machtverhältnisse kehrt Cowie komplett um. Das fand ich spannend.
Mit ihren weiblichen Figuren reißt sie allerdings diese reizvolle Idee wieder ein. Kapitelweise erzählen Sarah, Cass und Helen ihre Geschichte. Sarah lebt von ihrem Mann getrennt und erzieht ihre fast 18-jährige Tochter Cass alleine. Von Männern will sie nichts mehr wissen. Cass hingegen kann die strengen Gesetze nicht nachvollziehen und empfindet sie als Beschneidung ihrer eigenen Entfaltung. Helen hingegen wünscht sich sehnlichst ein Kind und will so schnell wie möglich mit ihrem Partner, einer wandelnden Red Flag, zusammen ziehen.
Der Aufbau der Figuren wirkt, als ob nach möglichst stereotypen Vorurteilen, die Männer über Frauen haben, gesucht wurde. Die "Männerhasserin", die naive Jugendliche, die mit warmen Worten sofort alle Sorgen fahren lässt und die Frau, die Muttersein als höchstes Ziel ansieht. Das hat mir den Lesespaß teils verleidet.
Der Thriller hätte ein spannender Appell an die Wichtigkeit des Feminismus sein können. So bleibt er zwar spannend, aber flach.
New York in Angst: Der Sandmann tötet scheinbar wahllos Menschen, stiehlt ihre Augen und hinterlässt nichts als Sand und Grauen. Ein blutiger Fingerabdruck verrät seine Identität: Daniel Miller. Doch der Sandmann kann fliehen und die Staatsanwalt fokussiert sich auf seine Frau Carrie. Was wusste sie? War sie seine Komplizin? Eddie Flynn glaubt an ihre Unschuld. Bis Carrie verschwindet...
"Die Komplizin" ist der 7. Fall für Eddie Flynn und hat mich wieder mal restlos überzeugt. Steve Cavanagh schreibt spannend, mitreißend und so fesselnd, dass ich diesen Thriller in 24h gelesen habe.
Der Fall scheint zunächst klar: Die Staatsanwaltschaft kann den wahren Täter nicht fassen und greift sich dessen Ehefrau als Strohopfer. Eddie Flynn ist schnell von Carries Unschuld überzeugt und setzt mit seinem Team alles daran, dies auch zu beweisen. Doch dann verschwindet Carrie spurlos und Eddie zieht seine eigenen Fähigkeiten in Zweifel.
Durch schnelle Kapitel- und Perspektivenwechsel, Enthüllung auf Enthüllung und das gekonnte Zuspitzen von Situationen zog der Autor mich komplett in den Roman hinein. Nicht jede Finte konnte mich hinters Licht führen. Und doch schaffte Cavanagh es, mich hinters Licht zu führen.
Januar 1945: Frieda muss mit ihrer Tochter Erika aus ihrer Heimat im Osten des Reichs fliehen. Ihr Mann Karl und ihr ältester Sohn sind an der Front. Die Flucht ist hart, kräftezehrend und einschneidend. Heute: Friedas Enkelin ist beruflich erfolgreich. Und doch ist sie nicht glücklich. Sie kann keine Nähe zulassen und will herausfinden, wo die Gründe dafür legen. Daher begibt sie sich auf Spurensuche in ihrer eigenen Familiengeschichte und erfährt Details, die ihr Leben beeinflussen.
"Bis ans Meer" ist das Debüt von Peggy Patzschke und hat mich berührt und überzeugt. Die Autorin erzählt die Geschichte dreier Frauen einer Familie, die immer wieder kämpfen mussten und dabei nie den Mut verloren haben. Sprecherin Jana Kozewa liest diesen Roman mit viel Gefühl, Herz und verleiht so Frieda, Erika und Peggy eine Stimme.
Der Roman widmet sich kapitelweise einer der drei Frauen. Zeitlich springt man von den 20er Jahren bis ins Heute. Das war für mich zu Beginn eine Herausforderung, da ich sowohl die Namen als auch die Begebenheiten erst einmal zuordnen musste, bevor ich verstanden habe, um wen es sich gerade dreht. Doch je länger ich hörte, desto besser fand ich in die Geschichte hinein und war gefesselt.
Ich fand es beeindruckend und großartig, dass Peggy Patzschke ihren Fokus vollständig auf die weibliche Seite ihrer Familie gelegt hat. So manches Mal musste ich schlucken, wie hart mit ihrer Großmutter und Mutter umgegangen wurde. Die Autorin ist da schonungslos und scheut nicht, die Begebenheiten beim Namen zu nennen.